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Massenhafte akustische Reize

In Frankfurt am Main traf sich die Instrumenten-Branche auf der Musikmesse. In insgesamt sieben Hallen präsentierten Aussteller ihre Produkte. Ein Hingucker auf der Messe war eine Band, die aus Robotern besteht.

Von Thomas Elbern | 13.04.2013
    Eine Band, die aus Robotern besteht und Musik macht, ist eigentlich nicht neu.
    Aber dass diese für einen bekannten E-Gitarrenhersteller wirbt, "Ace of spades" von Motorhead spielt und sich auf der diesjährigen Frankfurter Musikmesse präsentiert, das ist wirklich neu. Und ihre Metallfinger schlagen und zupfen die Instrumente wirklich - für die Fachbesucher der Messe ein echter Hingucker. Der Berliner Roboter und Schrottkünstler Markus Kolb, der einen der stählernen Rockstars gebaut hat, ist auf jeden Fall ganz zufrieden.


    "Meatbags, das ist das Publikum, weil, es gibt noch nicht so viele Roboter. Auf der Musikmesse habe ich noch keinen Roboter als Gast gesehen, also müssen wir erst einmal vorlieb nehmen mit den Meatbags. Ja, ich glaube, die finden es ganz gut, es wird honoriert, was Compressorhead auf der Bühne machen."

    Die romantischen Klänge einer Slide Guitar am Stand eines koreanischen Herstellers. Wer den ganzen Tag durch die riesigen Hallen geht, wird mit einem Überangebot an akustischen Reizen konfrontiert. Stand an Stand versuchen sich, hier die Hersteller von Audioausrüstungen und Instrumenten zu überbieten. Zurückhaltung, technische wie optische, ist auf der weltweit größten Messe dieser Art fehl am Platz.

    In Halle 5.1 gibt es beispielsweise bei einem amerikanischen Hersteller futuristische Mischpulte zu bestaunen, mit integrierten Computer-Bildschirmen, groß wie eine halbe Tischtennisplatte.

    Oder am Stand des deutschen Herstellers Maya Audio ein digitales Übertragungsgerät, mit dem Musiker in Echtzeit an einer Studio-Aufnahme teilnehmen können, auch wenn sie in ihrem Proberaum oder Landhaus 100 Kilometer entfernt sitzen. Am Stand ist zu Demonstrationszwecken ein Keyboard aufgebaut, dessen Klänge mit minimaler Verzögerung aus den Boxen zurückschallen. Vertriebsleiter Armin Woods:

    "Also ich könnte mir auch statt dem Keyboardspieler auch einen Gitarristen oder Sänger vorstellen, der dann Audio transportiert ins Studio und direkt in die Spur einspielt, auch das wäre möglich. Es ist ganz egal, wo er sitzt, es muss halt immer nur eine vernünftige Verbindung da sein und dann kann er direkt spontan an der Produktion teilnehmen."

    Nein, das ist nicht die Prog Metal Band "Dream Theatre", sondern nur deren Keyboarder Jordan Rudess, der am Stand eines japanischen Herstellers eine kleine Kostprobe seines Könnens zeigt. Bekannte Musiker und Instrumentenhersteller bilden auf der Frankfurter Musikmesse schon traditionell eine Art Symbiose. Für viele Besucher ein besonderes Schmankerl.

    Dennoch scheint über die Jahre eine Art Sättigungspunkt beim Endverbraucher, also Hobby- und dem Profimusikern erreicht worden zu sein. Während die Veranstaltungsbranche, die in Frankfurt parallel mit der "Pro Light & Sound" vertreten ist, noch wachsende Ausstellerzahlen verzeichnet, gehen diese auf der Musikmesse leicht zurück.

    Ebenfalls auf der Messe präsent sind die Akademien, oder wie man früher sagte: Musikschulen? Doch diese Bezeichnung entspricht eigentlich nicht mehr der Wirklichkeit, denn Musiker ist mittlerweile ein anerkanntes Berufsbild, das eine umfassendere Ausbildung erfordert. Dazu gehört auch Selbstmarketing, sagt Andreas Henschel von der Music School Hannover.

    "Es gibt einfach ganz viele Missverständnisse in den Köpfen von Leuten, die Musiker werden wollen. Wie das so ist und das, das alles mit harter Arbeit und viel Lernen zu tun hat, muss man erst mal mit der Zeit in die Köpfe bringen. Heute ist es so, dass man im Internet mit jedem zweiten Klick irgendeine Information bekommt. Wen man sich heute nicht informiert und nicht gut ausgebildet ist in Harmonielehre und technischen Bereich, dann steht man einfach den anderen hinterher. Die ganze Zeit hat sich einfach gewandelt."

    Klänge wie aus einem Science-Fiction-Film aus den 70er-Jahren - kein Problem in Halle 5.0, wo meterhohe Modularsysteme vor sich hinblinken und seltsame Töne erzeugen. Diese Synthesizer sind sozusagen die Ursuppe der elektronischen Musik und immer noch sehr beliebt, auch wenn einige von Ihnen so viel wie ein Mittelklassewagen kosten.

    Wer genug hat von elektronischer Klangerzeugung, flackernden Displays und Klängen aus den Lautsprechern, der wird in Halle 3.1 fündig. Schlagzeuge, Perkussionsinstrumente, Glockenspiele und exotische Instrumente aus der Weltmusik, soweit das Auge reicht. Die Leipziger Firma Dan Mol vertreibt neben Maultrommeln, orientalischen Flöten und asiatischen Gongs auch Instrumente, von denen man wohl noch nie gehört hat. Mitinhaber Clemens Voigt führt diese gerne vor.

    "Es gibt zum Beispiel das Tutu, das ist ein ganz kleines Stück Bambus mit einer Membran drin und das legt man auf die Zunge, drückt es oben an den Gaumen und pustet durch und kann dann dabei reden oder irgendwelchen Quatsch machen. Und dann sind wir auch Meister im Umnutzen von Instrumenten, wie zum Beispiel von der Entenstimme, die von Jägern benutzt wird, um Enten anzulocken, bei uns klingt das dann eher so."

    (Soundbeispiel)

    Entspannungsinseln sind auf der Musikmesse traditionell rar gesät. Da helfen auch nicht die dezenten Klänge des Pianisten, den sich ein schwedischer Instrumentenbauer an den Stand geholt hat.