Freitag, 19. April 2024

Archiv

Master statt Dipl.-Ing.
Wie gut werden Ingenieure in Deutschland ausgebildet?

Der Titel "Diplomingenieur" zählt durch die Bologna-Reform zwar zur Vergangenheit - die Ausbildung von Ingenieuren in Deutschland ist jedoch nach wie vor führend. Das ergab eine Studie der Mercator Stiftung zur Qualität der Ingenieurausbildung, für die Studierende, Absolventen, Professoren sowie Führungskräfte aus Unternehmen befragt wurden.

Von Verena Kemna | 18.03.2016
    Der Bochumer Maschinenbauer Eickhoff produziert seit 2009 in Klipphausen bei Dresden Getriebe fuer Windkraftanlagen.
    Dreiviertel der Masterstudierenden sehen für sich gute Chancen für einen erfolgreichen Berufseinstieg. Auch die Unternehmen suchen offensichtlich eher nach Master- als nach Bachelorstudierenden. (imago/Rainer Weisflog)
    Für die Studie zur Qualität der Ingenieurausbildung hat die Mercator Stiftung Studierende, Absolventen, Professoren sowie Führungskräfte aus Unternehmen befragt. Herausgekommen ist ein hundert Seiten starker Bericht mit vielen Statistiken und Einblicken, die selbst Insider überraschen. So zeigt die Studie, dass jeder vierte Studierende der Ingenieurwissenschaften nicht weiß, dass nach einem erfolgreichen Studium auch der Titel "Ingenieur" getragen werden darf. Für Lars Funk vom Verein der Ingenieure, kurz VDI, eine erschreckende Erkenntnis:
    "Manche nennen sich Bachelor oder Master of Engineering, andere nennen sich Bachelor oder Master of Science. Bei den Wirtschaftswissenschaften gibt es teilweise sogar Bachelor oder Master of Arts und alle sind hinterher Ingenieure und da blickt halt kaum noch einer durch, selbst die Betroffenen nicht."
    Berufsverband der Ingenieure fordert einheitlichen akademischen Grad
    Mehr als 15 Jahre nach Beginn der Bologna-Reform fordert der Berufsverband der Ingenieure die Einführung des "Master of Engineering" als einheitlicher akademischer Grad. Masterstudent Robin Dürselen weiß, dass er sich nach dem Studium "Ingenieur" nennen darf. Er studiert im ersten Semester Maschinenbau an der TU Berlin und ist mit seinen bisherigen Studienerfahrungen zufrieden: "Bis jetzt ja, bin mal gespannt, geht ja noch drei Semester voraussichtlich. Ich mache ja Maschinenbau, Konstruktion und Entwicklung, da in diesem Bereich, aber wo genau, weiß ich noch nicht, also, das lass ich mir noch ein bisschen offen."
    Wie etwa dreiviertel der Masterstudierenden sieht er für sich gute Chancen für einen erfolgreichen Berufseinstieg. Bachelorstudierende beurteilen ihre Einstiegchancen laut Studie etwas weniger positiv. Auch die Unternehmen suchen offensichtlich eher nach Master- als nach Bachelorstudierenden.
    Ersatz von Diplom durch Master spielt keine Rolle mehr
    Wer an einer deutschen Hochschule studiert, möchte in der Regel direkt nach dem Bachelorabschluss ein Masterstudium anschließen. Entsprechend hat auch Martin Hoffmann sein Studium an der TU Berlin geplant: "Ich bin jetzt ins zweite Semester Maschinenbau gekommen im Masterstudiengang." Er möchte möglichst schnell fertig werden und er ist überzeugt davon, dass sein Ingenieurtitel genauso viel zählt wie das frühere Diplom: "Ob jetzt Master oder Diplom, zum einen glaube ich nicht, dass es eine wirkliche Relevanz hat, ich glaube nicht, dass es wirkliche Unterschiede sind. Und im Endeffekt, am sinnvollsten ist, macht, was ihr wollt, aber ändert es nicht alle zwei Jahre wieder."
    Mittlerweile spiele der Ersatz des Diplomtitels durch den Master keine Rolle mehr, sagt auch Lars Funk vom VDI: "Das hat unsere Studie ja gezeigt, die Absolventen sind gut für den Arbeitsmarkt, die sind fit. Es gibt Nachholbedarf, da sollten wir ansetzen, ansonsten haben wir nach wie vor eine führende Ingenieurausbildung."
    Unternehmen wünschen sich mehr praktische Erfahrung von Absolventen
    Und die sei international gefragt, so sei der Anteil der ausländischen Studierenden von knapp über zehn auf fast zwanzig Prozent gestiegen. Einen Auslandsaufenthalt, wie ihn die gemeinsame Wissenschaftskonferenz, GWK, als Zielvorgabe für jeden zweiten Hochschulabsolventen vorsieht, planen allerdings höchstens 20 Prozent der Studierenden. Zu wenig, aus Sicht des VDI, meint Lars Funk: "Was wir uns wünschen, ist, dass die Hochschulen in ihren Curricula mehr Zeitfenster einbauen für Auslandsaufenthalte. Das vermissen wir derzeit und das führt dann dazu, dass Studierende sehr schnell hier ihr Studium durchziehen und gar nicht mehr in Betracht ziehen, mal für drei Monate ins Ausland zu gehen."
    Noch wichtiger als ein Auslandsaufenthalt seien Praktika während der Ausbildung, meint Daniela Schob. Die 28-Jährige hat einen Master in Maschinenbau und promoviert gerade. Sie vertritt die Studierenden beim VDI und rät zu Praktika in möglichst vielen verschiedenen Fachgebieten: "Selbst wenn sie feststellen, dass dieser Bereich nicht für sie geeignet ist, ist es trotzdem immer ein Zugewinn. Weil sie wissen am Ende ihrer ausbildenden Laufbahn was sie wollen, beziehungsweise was sie nicht wollen und dann fällt ihnen am Ende die Entscheidung leichter, in welchem Unternehmen sie sich bewerben wollen."
    Mehr praktische Erfahrung, das wünschen sich laut der Mercator-Studie auch die meisten Unternehmen. Insgesamt jedoch fällt das Fazit der Studie positiv aus.