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Materialforschung
Gesucht: Alternativen für Hightech-Metalle

Motoren von Elektroautos benötigen Metalle wie Dysprosium oder Terbium, getriebelose Stromgeneratoren von Windkraftanlagen genauso - Werkstoffe, die in Zukunft knapp werden könnten. Die Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie in Frankfurt diskutierte nun über Alternativen.

Von Volker Mrasek | 03.03.2014
    Sonne scheint durch dichte Regenwolken auf einem Feld mit Windrädern.
    Gut 150 Kilogramm Dysprosium können in einer Windkraftanlage verbaut sein. In Zukunft sollen ihre Dauermagnete mit deutlich weniger auskommen. (dpa / picture alliance / Axel Heimken)
    Dysprosium und Terbium – für viele sind das absolute Fremdwörter. Doch von den beiden exotischen Rohstoffen werden wir in Zukunft sicher öfter hören. Die Substanzen aus der Gruppe der sogenannten Seltenen Erden oder Seltenerdmetalle sind nämlich unverzichtbar für die Energiewende. Die Motoren von Elektroautos benötigen spezielle Hartmagnete; getriebelose Stromgeneratoren von Windkraftanlagen genauso. Ohne Dysprosium oder Terbium wären diese Dauermagnete nicht hitzebeständig genug.
    Manche sprechen auch von Gewürzmetallen. Den Namen hat der Schweizer Chemiker Armin Reller geprägt, heute Professor für Ressourcenstrategie an der Universität Augsburg:
    "Unsere Technologien basieren oft auf Kombinationen von Metallen in unterschiedlichen Mengen. Und die Gewürzmetalle sind eigentlich wie das Salz in der Suppe. In kleinen Mengen, aber hochfunktional."
    Dysprosium und Terbium haben diese Würze durch besondere elektronische Eigenschaften. Sie sorgen dafür, dass die Kristallstruktur eines Eisen-Magneten auch bei hohen Temperaturen intakt bleibt.Nur gibt es da ein gewisses Dilemma. Es beunruhigt auch Oliver Gutfleisch. Der Ingenieur ist Professor für Materialwissenschaft an der TU Darmstadt:
    "Dysprosium oder Terbium, das sind sozusagen unsere besonders kritischen Elemente. Die finden sich im Augenblick weltweit nur in Südchina. Das ist eigentlich der wirkliche Engpass weltweit. Vor zwei Jahren hatten wir die sogenannte Große Seltenerdkrise. Wir hatten also zum Teil Preissteigerungen, die waren 3000 bis 4000 Prozent."
    Versorgungssicherheit von Dysprosium und Terbium langfristig gefährdet
    China baut derzeit selbst eine riesige Energie-Infrastruktur auf.
    "Die haben natürlich einen enormen inländischen Bedarf. Und auch aus diesen Gründen drosseln sie etwas ihren Export."
    Über kurz oder lang sieht der Darmstädter Materialforscher die Versorgungssicherheit bei einem begehrten High-Tech-Metall wie Dysprosium gefährdet:
    "Wenn man überlegt, welchen Aufwuchs die Windenergie-Technologie in den letzten Jahren hat und in der Zukunft haben wird, dann kann man eigentlich absehen, dass man sehr, sehr viele Permanentmagnete braucht. Und hoffentlich haben wir bis dahin das Dysprosium so weit reduziert, dass wir halt nicht diese Entwicklung dieser Technologie zum Halt bringen. Und das müssen wir sozusagen in der Materialforschung meistern."
    Gut 150 Kilogramm Dysprosium können in einer großen Windkraftanlage verbaut sein. In Zukunft sollen ihre Dauermagnete mit viel weniger auskommen. Daran arbeiten Gutfleisch und andere Experten in einem neuen Forschungsprojekt an der TU Darmstadt:
    "Ein konventioneller Permanentmagnet, wie er jetzt im Elektromotor drin ist, der hat ungefähr acht Gewichtsprozent Dysprosium. Das ist enorm viel! Und jetzt kann man durch modernere Mikrostrukturen, indem wir das Element dort hinbringen, wo wir es wirklich brauchen, das auf vier, auf zwei, vielleicht auf ein Gewichtsprozent reduzieren."
    Es genüge, das Metall an bestimmten Stellen im Material zu konzentrieren, sagt Gutfleisch. Bei den bisherigen Magneten dagegen ist es quasi blind über den ganzen Werkstoff verteilt.
    Lässt sich der Zusatz von Dysprosium oder Terbium vielleicht sogar ganz vermeiden? Auch das wollen die Darmstädter Forscher ausprobieren. Indem sie mit anderen Werkstoffen experimentieren. Ein Dauermagnet für Elektromotoren besteht heute aus Neodym, Eisen und Bor. Neodym ist zwar auch ein Seltenerdmetall, aber längst nicht so rar und kostbar wie zum Beispiel Dysprosium. Auf dieses könnte man vielleicht verzichten in Magneten, die aus Eisen und Kobalt bestehen.
    "Eisen/Kobalt hat die höchste Magnetisierung überhaupt, ist aber ein Weichmagnet. Wenn man also jetzt diese Eisen-Kobalt-Struktur so verändern könnte, dass man sie auch magnetisch härten könnte. Zum Beispiel ist Eisen/Kobalt eine kubische Struktur, so eine würfelartige Struktur. Wenn man diese Struktur verzerren könnte, dann würde das sofort auch Auswirkungen haben auf die magnetische Härtung."
    Letztlich geht es dabei darum, das Kristallgitter des Materials so zu verändern, dass es eine magnetische Vorzugsrichtung bekommt. Das ist es, was einen Hartmagneten ausmacht. Allerdings steht die Forschung hier noch am Anfang.Für nützlich hielte der Darmstädter Ingenieur im Übrigen auch ein Recycling der Hochleistungsmagnete in Deutschland. Bisher landen die begehrten Seltenerdmetalle nämlich noch im Schrott. Und der geht dann zum Beispiel zurück nach China, wo Dysprosium und Terbium wieder heraussortiert werden.
    "Und dann können wir die sozusagen ein zweites Mal einkaufen, die Seltenen Erden."