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News Stream 3.0

Video-Clips, Radio-Interviews, Posts von Bloggern, Tweets von Politikern - schwer, da den Überblick zu behalten. Mit News-Stream 3.0 soll es wieder weniger Kanäle geben, dafür mehr Übersicht. Helfen soll das Tool vor allem Journalisten.

Von Stephan Beuting | 18.07.2015
    Mikrofone stehen am Mittwoch (11.04.2012) in der Geschäftsstelle des Landesverbandes Bayern "Die Linke" in München (Oberbayern) vor einer Pressekonferenz auf dem Tisch. Die Linke-Vorsitzende Lötzsch ist wegen einer schweren Erkrankung ihres Mannes überraschend zurückgetreten. Foto: Marc Müller dpa/lby
    Mikrofone stehen auf einem Tisch (picture alliance / dpa / Marc Müller)
    "Liebe Bundeskanzlerin guten Tag..."
    Anfang der Woche saß Angela Merkel bei LeFloid. LeFloid ist so etwas wie der Bundeskanzler von Youtube, zumindest was seine Popularität bei uns in Deutschland angeht.
    Angela Merkel: "Bei Ihnen ist es ja so, dass wir feststellen, dass junge Leute andere Informationskanäle nutzen."
    Zum Beispiel den von LeFloid: Mit seinem Youtube-Channel erreicht er 2.600.000 Menschen, selbst wenn gerade keine Bundeskanzlerin da ist, hat das, was LeFloid tut einen gewissen Nachrichtenwert.
    "Aber jetzt wollen wir erst mal schauen, was wir heute unterbringen."
    Für Journalisten ein mediales Dilemma
    Angela Merkel und LeFloid unterhalten sich 30 Minuten und 43 Sekunden. Aus Sicht eines Nachrichtenredakteurs, der gerade die Position der Bundesregierung zum Thema Griechenlandkrise zusammenfassen will, ist das ein halbstündiges mediales Dilemma. Entweder: Durchhören und nach dem Stichwort Griechenland horchen und dabei alles andere aus dem Auge verlieren? Oder: Ignorieren und dabei riskieren, dass ihm eine wichtige Aussage Merkels zum Thema Griechenland und Grexit durch die Lappen geht.
    "Gerade bei Großberichterstattung fließen zig Daten ein, wichtig, dass man sich auf die redaktionellen, journalistischen Fragen konzentrieren kann."
    Das ist Daniel Stein vom IAIS, vom Fraunhofer Institut für angewandte Intelligente Analyse- und Informationssysteme in St. Augustin bei Bonn. Daniel Stein arbeitet an einer Technologie, die versucht, genau dieses Dilemma zu beheben.
    "Wir haben in News Stream riesige Daten, die kann man in eimen Badge-Layer verarbeiten, Daten auf die wir immer zugreifen können. Wir haben auch einen Speed-Layer, den wir uns gerade erst anschauen, der live untertitelt werden soll."
    Das wäre der Fall LeFloid trifft Merkel. Aktuelles Video wird untersucht, parallel läuft die Suche in den bereits hinterlegten und analysierten Beständen. Die Informationen aus dem Badge-Layer, also dem Bereich in dem die älteren schon analysierten Daten liegen und dem Speed-Layer, allem aktuellen fließen ein in einen Surface-Layer, die Benutzeroberfläche. Dort findet der Journalist alles zum Suchbegriff Griechenland, übersichtlich geordnet, die Audiotextstellen braucht er nur anklicken. Intelligente Spracherkennung macht das möglich.
    "Es ist ja immer dann gut, wenn eine Spracherkennung auf die Domäne trainiert ist, wo sie eingesetzt wird."
    Bisher nur Demo-Version
    Im Falle der Fraunhofer sind das vor allem die Kooperationspartner dpa, die Deutsche Welle und die Neofonie GmbH, gemeinsam schauen sie einmal im Monat, ob die technische Entwicklung in die richtige Richtung läuft.
    "Wo wir uns drauf spezialisieren ist das, wo der Text nicht maschinenlesbar ist, wo wir nicht wissen, das und das wurde da gesagt."
    Video-Clips, Radio-Interviews, Posts von Bloggern, Tweets von Politikern. Stein und seine Arbeitsgruppe wollen nicht weniger, als das Rad aus Sicht des Redakteurs zurückzudrehen: Mit News-Stream 3.0 soll es dann am Ende wieder weniger Kanäle geben, dafür mehr Übersicht. Noch ist das Ganze aber nicht über eine Demo-Version hinaus.
    "Ich hoffe sehr, dass wir 2016 einen ersten Prototypen haben werden."
    Auch im Deutschlandradio gibt es Pläne, eine vergleichbare Technologie einzusetzen. Das Ziel hier: Auch den Nutzern soll es möglich sein, relevante Interviewstellen zu finden und direkt anzuhören. Und die Archivarbeit könnte mittels Audio-Mining revolutioniert werden. Deutschlandradio Online-Chefin Nicola Balkenhol:
    "Der Traum wäre natürlich, dass Google irgendwann einmal nicht nur Texte durchsuchen kann, sondern auch Audios und Videos. Das gibt es in Ansätzen, ist aber im Ergebnis nicht komplett, also hilft es für den Nutzer noch nicht ausreichend, das ist noch nicht so gut wie Google, hätten wir aber gerne und auf dem Weg dahin nehmen wir alles, was kommt."
    Was Angela Merkels Position zur Griechenlandkrise angeht: Ich habe mir das Interview komplett angehört. Die beiden haben über vieles gesprochen, Griechenland war nicht dabei.
    Wenn alles so funktioniert, so wie Stein und sein Team sich das vorstellen und News Stream 3.0 wie geplant in 2016 serienreif ist, dann könnte ich als Redakteur per Knopfdruck alle relevanten Treffer zu Griechenland bekommen und parallel in deutlich weniger als 30 Minuten wissen, dass in dem Interview vieles vorkam, aber eben nichts zu Griechenland.