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Medienverhalten der Millennials
Ist "local" uncool?

Journalistische Inhalte sind bei den Millennials, den jungen Menschen, die zwischen 1980 und 1999 geboren wurden, meistens über soziale Medien gefragt. Auch der Lokaljournalismus muss sich dieser Entwicklung anschließen. Beim Straubinger Tageblatt versucht man zu "snappen".

Von Michael Meyer | 25.05.2017
    Auf einem Smartphone-Display sind die Logos von Twitter, Instagram und Snapchat zu sehen.
    Die Millenials erreicht man am besten über soziale Medien. (pa/dpa/Vennenbernd)
    Vanessa: "Ich wohn ja in Hannover und mich interessieren Veranstaltungen, also ein neuer Film, oder eine Band ist gerade in Hannover, oder es wird ein neues Gebäude gebaut, also etwas, was man dann auch nutzen kann danach."
    Georg: "… und sonst interessiert mich, fast alles muss ich sagen, solange das ganz gut aufbereitet ist, ja natürlich, manchmal wenns um den Bau einer Umgehungstraße geht, eher weniger, aber ….solange mich das irgendwie betrifft, und das tut es beim Lokalteil ganz oft, weil ich da in der Nähe wohne,… fast alles."
    Vanessa: "Ich finde, lokale politische Themen interessieren einen dann, wenn man einen Bezug dazu hat, also beispielsweise soll in Hannover was am Schulsystem verändert werden, dann betrifft uns das ja direkt und dann interessiert uns das auch."
    Digitalangebote für Verlage wirtschaftlich noch nicht interessant
    Vanessa und Georg sind zwischen 18 Jahre alt und insofern nicht ganz so repräsentativ, als dass sie selbst an einer Oberschule in Hannover eine Schülerzeitung betreuen. Sie sind also sicherlich überdurchschnittlich interessiert. Und schon bei ihrem eigenen Projekt namens "Yellow Post" zeigt sich, wohin die Reise geht: Wurden früher derartige Schülerzeitungen gedruckt und verteilt, erscheint die "Yellow Post" ausschließlich online. Doch Digitalangebote sind für Verlage wirtschaftlich noch nicht ganz so interessant, weil sie das meiste Werbegeld noch immer mit gedruckten Zeitungen machen.
    Neue Wege gehen, um "Millenials" zu erreichen
    In Straubing, einer Kleinstadt in Ostbayern, versucht man, beides zusammen zu bringen. Einmal die Woche erscheint eine Jugendbeilage namens "Freistunde" – die bei den jungen Lesern durchaus wahrgenommen wird, sagt Redakteur Florian Wende. Und daneben produziert man viel fürs Netz:
    "Auf jeden Fall zunächst mal viele Regeln über Bord werfen, ganz kreativ sein, dass heißt ganz viele verschiedene Textformen, schon immer viele kurze Texte, aber auch Reportagen machen, viel Abwechslung, Interviews bringen, …, wir hatten ein Interview mit zwei türkisch-stämmigen Deutschen bei uns, wo natürlich auch Fachbegriffe gefallen sind, dann haben wir es so gelöst, dass wir die Fachbegriffe markiert haben und direkt rechts daneben gleich die Erklärung geschrieben haben, also man muss ganz neue Wege gehen, um so an die junge Zielgruppe ranzukommen."
    Florian Wende erzählt, dass es neben dem besonderen Stil natürlich auch die Themen sind, die Jugendliche besonders stark ansprechen: alles aus dem Bereich Freizeit, Local Heroes – also Menschen, die in ihrem lokalen Umfeld etwas bewegt haben oder bewegen wollen, Sport, Hobbys, Musik – aber durchaus auch Politik.
    Junge Menschen interessieren sich für hochwertigen Journalismus über soziale Medien
    Das Interesse für Lokalpolitik der Jungen ist sogar wissenschaftlich belegt: Stephan Weichert, Journalistik – Professor an der Hamburger Media School hat in einer aktuellen Studie gezeigt, dass sich junge Menschen durchaus für Lokales interessieren, aber, so Weichert:
    "Wenn wir von der Zeitung als gedruckter Zeitung ausgehen, da muss man ganz klar sagen, die haben Millennials schon lange abgeschrieben, Zeitungsinhalte selber, hochwertige journalistische Qualitätsinhalte sind weiterhin gefragt, also kommen wir zu dem Schluss: Journalismus hat an der Stelle ganz klar ein Vertriebsproblem. Wie erreichen diese Inhalte denn die Zielgruppen? Und da sind eben nach wie vor die sozialen Netzwerke Facebook, YouTube, Snapchat, Instagram wahnsinnig wichtige Vertriebskanäle für die Verlage, um ihre Inhalte zielgruppengerecht zu verteilen."
    Verknüpfung von Zeitung und Snapchat ist wichtig
    Beim Straubinger Tageblatt versucht man es mit intensivem "Snappen" – mehrmals pro Woche meldet sich jemand via Snapchat, mal aus der Redaktion, mal bei Terminen, wie etwa der "Pulse of Europe" – Demo in Landshut. Die Videos sind kurz und knackig, oft auch eher lustig. Florian Wende sagt, dass sich nicht alles für Snapchat eigne, wichtig sei immer die Verknüpfung mit der Zeitung:
    "Wir versuchen denn schon, dass wir unsere Zielgruppe da wo sie ist, wo sie unterwegs ist, dass wir sie da abholen und dann eben zu unserem Printprodukt hinführen. Und das ist unser Ziel, dass wir die junge Zielgruppe für unser Printprodukt begeistern können."
    Ob das immer so gelingt, sei mal dahingestellt, auch das "Straubinger Tageblatt" hat mit Auflagenrückgängen zu kämpfen, allerdings nur um zwei Prozent in den letzten Jahren – andere Zeitungen wären froh um solch einen moderaten Rückgang. Dennoch: Lokaljournalismus auch für junge Leser attraktiv zu halten, ist ein Muss – da wird man noch viel ausprobieren und auch wieder verwerfen müssen.
    Bei der in "@mediasres" ausgestrahlten Audio-Fassung handelt es sich um eine gekürzte Version des schriftlichen Beitrags.