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Medikamente in der Schwangerschaft
Wenn Pillen nicht vermeidbar sind

Schwanger und krank – das ist eine eher unglückliche Kombination. Manchmal ist es aber nicht zu umgehen, dass die werdende Mutter ein Medikament nimmt. Dann ist besonderes Wissen gefragt.

Von Christina Sartori | 08.03.2016
    Ein Arzt hält Tabletten in der Hand.
    Was dürfen Schwangere ggf. einnehmen und was auf keinen Fall? (imago/STPP)
    Miriam Ruhenstroth hat zwei Söhne:
    "Meine Kinder heißen Leo und Nikolai und sie sind fünf und drei und es geht ihnen sehr gut."
    Für die junge Mutter war bei beiden Schwangerschaften klar: Kein Zigarettenrauch, kein Alkohol und keine Medikamente. Die ersten beiden Punkte waren kein Problem für die Nichtraucherin – aber die Sache mit den Medikamenten, die gestaltete sich schwieriger, als gedacht:
    "Also während der Schwangerschaft einfach so auf Medikamente zu verzichten, dachte ich, ist überhaupt kein Problem, man nimmt ja nicht so die ganze Zeit etwas. Aber es gab dann doch einige Situationen, wo es doch die Sache deutlich erschwert hat. Einmal hatte ich Heuschnupfen, den hätte ich ganz gerne behandelt und dann während der Stillzeit hatte ich tatsächlich eine kleine OP und da wird dann alles doch einigermaßen kompliziert, wenn man dann weiter Stillen möchte."
    Das kann jeder Schwangeren geschehen, weiß der Kinderarzt Professor Christof Schaefer: Kein Arzt verschreibt gerne einer schwangeren oder stillenden Frau ein Medikament.
    "Aber nun wissen wir, dass viele Symptome, schwere Symptome, viele Erkrankungen, doch sehr belastend sein können für die Mutter, und entweder direkt oder indirekt über die Belastung der Mutter auch die Entwicklung des ungeborenen Kindes beeinträchtigen können. Also die Mutter unbehandelt zu lassen, kann durchaus richtig gefährlich werden für das wachsende Kind."
    Professor Christof Schaefer leitet an der Charitè in Berlin ein Beratungszentrum für Schwangere und stillende Frauen: Das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryotoxikologie. Ein nahezu unverständlicher Name, hinter dem ein sehr wichtiges Beratungsangebot für Schwangere und Ärzte steckt:
    "Wir geben Informationen zu den wichtigsten Medikamenten in der Schwangerschaft: Was weiß man darüber, was tun sie? Um die Geburt herum, in der Stillzeit, sind sie schädlich, sind sie nicht schädlich, sind sie gut untersucht, sind sie schlecht untersucht, darf man sie nehmen oder welche Alternativen wären sicherer?"
    Wer glaubt, dass er diese Informationen auch erhält, wenn er den Beipackzettel liest, der irrt sich, meint Christof Schaefer: Sie entsprechen nicht immer dem aktuellen Wissensstand und sind aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen stets sehr vorsichtig gehalten.
    "Wenn sie abweichend sind vom tatsächlichen Wissen, sind sie vorsichtiger und suggerieren ein größeres Risiko, als es wirklich besteht. Das heißt aber nicht, dass man daraus jetzt schlussfolgern kann: 'Alles egal, ich kann Medikamente nehmen, ist sowieso alles übertrieben' – So ist es auch nicht."
    Für diese Fälle betreuen Schaefer und sein Team eine Datenbank, in der die 400 wichtigsten Medikamente zu finden sind – und wie geeignet sie für Schwangere oder Stillende sind. Nach aktuellem Stand der Wissenschaft.
    "Wir sammeln unsere Informationen aus wissenschaftlichen Aufsätzen, die international veröffentlicht werden, wir sammeln sie aus unseren eigenen Erfahrungen, aus den ungefähr 15.000 Beratungen, die wir jedes Jahr machen, wo wir einen großen Teil dieser Schwangerschaften nachverfolgen mit Einverständnis der Patienten, was denn draus wird. Aus diesen Daten machen wir dann selber Studien und veröffentlichen dort, wo man bisher zu wenig zu den Medikamenten wusste: Was sie in der Schwangerschaft machen oder eben nicht machen."
    Für Miriam Ruhenstroth war die Datenbank sehr hilfreich. Nach ihrer kleinen Operation musste sie Blutverdünner bekommen – während sie ihren Sohn noch stillte. In der Datenbank entdeckte sie:
    "Da gibt es eben Mittel, die gehen zum Stillen und das Standardmittel, was alle immer sofort verschreiben, geht nicht zum Stillen. Und es ist erstaunlich, dass die Ärzte das nicht alle so auf dem Schirm haben. Ich hab dann sowohl im Krankenhaus, als auch von meinem ambulanten Hausarzt doch immer wieder mal das falsche bekommen, entweder weil vergessen oder weil verwechselt und da war ich dann mal in der Situation, dass ich dann wirklich nochmal nachgucken wollte: Ist es jetzt das richtige oder ist es nicht das richtige, oder hat er es jetzt verwechselt oder hab ich das verwechselt. Und da war das ganz gut."
    Egal, ob Blutverdünner, Mittel gegen Übelkeit oder Kopfschmerztabletten: Schwangere oder stillende Frauen sollten vor der Einnahme dieses Beratungsangebot wahrnehmen – und ihren Arzt darauf hinweisen. Denn noch kennt nicht jeder Arzt dieses Angebot. Leider.