Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Meeresbiologie
Erfolge bei der Seepferdchenzucht

Die Bestände der Seepferdchen sind weltweit bedroht. Die Umweltverschmutzung und die Zerstörung ihres Lebensraumes setzt ihnen zu. Außerdem gelten getrocknete Seepferdchen in Asien als traditionelles Heil- und Potenzmittel. Forschern der Universität Gießen ist es nun gelungen, Langschnauzen-Seepferdchen nachzuzüchten.

Patrick Schubert im Gespräch mit Arndt Reuning | 04.05.2016
    Seepferdchen schwimmen am 09.12.2015 in einem Aquarium des Meeresmuseums von Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern). Seit 1970 ist das meeresbiologisch ausgerichtete Spezialmuseum im ehemaligen Katharinenkloster der Hansestadt untergebracht, wo es sich auf drei Ausstellungsebenen mit 45 Aquarien pr
    Die Universität Gießen feiert in diesen Tagen Erfolge bei der Zucht von Langschnauzen-Seepferdchen. (dpa / Stefan Sauer)
    Arndt: Worin besteht denn die Herausforderung bei der Nachzucht dieser Fische?
    Schubert: Ja prinzipiell besteht die Herausforderung in der Nachzucht von Seepferdchen darin, dass sie sehr anspruchsvoll in ihrer Nahrung sind. Sie benötigen lebendes Futter. Dieses lebende Futter muss auch noch sehr viele spezielle Inhaltsstoffe beinhalten, also zum Beispiel Omega 3 Fettsäuren und weiterhin sind Seepferdchen sehr krankheitsanfällig. Das alles zusammen führt dazu, dass sie - bis jetzt zumindest - relativ ungeeignet sind für eine kommerzielle Zucht im großen Stil, die die Naturentnahmen wirklich entlasten würden.
    Arndt: Da geht es vor allem um die ersten Tage im Leben der jungen Seepferdchen?
    Schubert: Ja genau. Das ist relativ heikel. Dieser Seepferdchen, gerade weil sie auch so eine skurrile Form haben, verdanken das zum Beispiel auch der Tatsache, dass sie eine Knochenpanzerung haben. Aufgrund dieser Knochenpanzerung können sie relativ wenige Fettreserven und insgesamt wenige Energiereserven anlegen und das führt dazu, dass die Tiere permanent gut ernährt werden müssen. Gerade bei diesen winzig kleinen Seepferdchen in den ersten Tagen führt dann eine Mangelernährung unzureichende Ernährung sehr schnell dazu, dass die Tiere sterben oder krank werden. Zu allem Überfluss sind Seepferdchen sehr schlechte Futterverwerter, das erschwert die Sache zusätzlich."
    Arndt: Wie haben Sie es nun geschafft, diese Fische erfolgreich nachzuzüchten?
    Schubert: Zunächst muss ich betonen, dass wir hier an der Uni Gießen nicht die ersten sind, die Langschnauzen-Seepferdchen nachgezogen haben. Seepferdchen wurden schon vor vielen Jahren nachgezogen, aber eben mit meist sehr unzureichenden Überlebensraten Was wir an der Uni gemacht haben, wir haben zugesehen, dass wir diese Ernährung so optimieren, dass sie zum einen bezahlbar ist und zum anderen trotzdem gut genug ist, um die Tiere gesund aufzuziehen, mit einer hohen Überlebensrate.
    Arndt: Woraus besteht denn diese Diät für die ersten Lebenstage der jungen Seepferdchen?
    Schubert: Das sind unterschiedliche kleine Krebschen, die man relativ schnell und gut aufziehen kann, um die dann zu verfüttern. Diese Krebschen werden aber zusätzlich mit unterschiedlichen Präparaten angereichert; die Krebschen werden praktisch gefüttert mit Fettsäuren zum Beispiel. Und dann bilden - strenggenommen - diese Krebschen - das Futter - eigentlich nur die Verpackung für die eigentlichen Nährstoffe, die in diese kleinen Seepferdchen gelangen sollen. Und dazu muss man dann zusätzlich schauen, dass die Tiere häufig genug gefüttert werden. Die haben also in den ersten Tagen eine Tageszeit von 23 Stunden, um sicherzustellen, dass sie sehr lange Licht haben, sehr lange ihr Futter finden und sehr lange fressen können. Zusätzlich mit einer richtigen Wasserbewegung - die Seepferdchen schwimmen in den ersten Tagen im freien Wasser und benötigen da eine besondere Zirkulation, dass sie nicht auf den Boden fallen. Das alles zusammen führt dann zu einem sehr guten Zuchterfolg.
    Arndt: Heißt das nun, man könnte Seepferdchen. Züchten, um damit den asiatischen Markt für traditionelle Medizin zu versorgen?
    Schubert: Das bringt uns zumindest dieser Zielstellung ein Stück näher, die Nachzucht von Seepferdchen so abzusichern, dass auf Naturentnahmen komplett verzichtet werden kann.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.