Dienstag, 19. März 2024

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Meeresforschung als NATO-Projekt
Unterwegs mit der "Alliance"

Leitfähigkeit, Temperatur, Salzgehalt, Wasserdichte: Wichtig ist all das für die Ozeanografie. Aber auch die NATO profitiert davon. Unter dem Titel "Unified Vision" führt sie alle zwei Jahre einen Test durch, der den Informationsaustausch innerhalb des Bündnisses verbessern soll. Mit dabei: das Forschungsschiff "Alliance".

Von Bettina Klein | 23.06.2018
    Eine Unterasserdrohne
    Unterwasserdrohnen werden für die NATO immer interessanter (Deutschlandradio / Bettina Klein)
    Die Motoren laufen an Bord des Forschungsschiffs "Alliance."
    Nein, nicht zwei Uhr nachts ist es, sondern erst zehn nach eins. Und trotzdem taghell draußen. Sommersonnenwende, Mittsommernacht vor der Küste von Tromsö in Norwegen, ganz hoch oben im Norden. Die Sonne scheint nicht, aber es hat aufgehört zu regnen. Die kleinen Berge ringsum tragen alle einen Zuckerwattehut: Nebel, der aus dem Ozean steigt. Auch für die Crew des Forschungsschiffes ist das hier nicht ganz alltäglich. Die Wetterbedingungen erlauben es jedenfalls die "Glider", also Unterwasserdrohnen mit einem Boot etwas entfernt vom Schiff ins Meer zu lassen.
    Catherine Warner ist Direktorin des maritimen Forschungs- und Versuchszentrums der NATO. Die "Glider" liefern Informationen über die Beschaffenheit des Meeres: Leitfähigkeit, Temperatur, Salzgehalt, Wasserdichte. Wichtig ist all das allgemein für die Ozeanografie und die zivile Forschung. Aber diese Faktoren bestimmen auch die Schallgeschwindigkeit. Und das wiederum ist nötig um zu wissen, wie gut etwa ein Sonargerät funktioniert, also der Unterwasserschall. Und ob er überhaupt eingesetzt werden kann an dieser Stelle des Meeres.
    Warum Unterweasser-Drohnen für die NATO immer interessanter werden
    Unterwasserdrohen gibt es schon seit den 90er-Jahren, doch sie wurden erst in jüngerer Zeit immer interessanter wegen weiterentwickelter Sensoren und der Möglichkeit, große Datensätze per Satellit an die Laborzentren zu übermitteln.
    Die Drohnen liefern gewissermaßen die Vorarbeit dafür, um etwa den Standort eines U-Boots oder eines anderen Objekts im Meer zu erkennen. Mittels Sensoren werden die Daten erfasst und an das Kommandozentrum bei diesem Experiment in Einsiedlerhof in Deutschland gemeldet. Mehr oder weniger in Echtzeit.
    Eine Unterwasserdrohne vom Typ Remus liegt am 19.01.2016 an Bord der Korvette Braunschweig am Marinestützpunkt in Kiel (Schleswig-Holstein).
    Unterwasserdrohnen werden für die NATO immer interessanter (picture alliance / dpa / Lukas Schulze)
    Das Forschungsschiff "Alliance" hat sich vor ein paar Wochen von La Spezia, Italien ins Nordmeer vorgearbeitet und nimmt hier an dem 14-tägigen Versuchslauf teil, den es alle zwei Jahre gibt. Beteiligt sind 17 NATO-Staaten darunter auch Deutschland. Ebenso wie Schweden und Finnland.
    Den Informationsaustausch verbessern
    Es geht im Kern um die Frage, wie der Informationsaustausch unter den Staaten und mit den Institutionen des Bündnisses klappt und wie neu entwickelte Technologien funktionieren: Werden die Signale, die das Flugzeug des einen Landes aus der Luft aussendet, vom Schiff eines anderen Landes verstanden? Das eine Gerät liefert Bilder, das andere nur Töne, das dritte einen noch anderen Datensatz. Wie werden die Informationen für die Aufklärung dann zusammengefügt? Außerdem: Die Kommunikationswege sollen einerseits hoch verschlüsselt, andererseits für die verbündeten Staaten leicht dechiffrierbar sein. Eine ziemliche Herausforderung Arbeiten die verschiedenen Geräte miteinander oder sind Systeme nicht kompatibel? Jedes Land macht nämlich mehr oder weniger seins.
    "Ja, weil eigentlich doch das Prinzip ist, die Entwicklung von Systemen sehr großes nationales Interesse, auch ein nationales Privileg. Die nationale Sicherheit ist eben eine nationale Angelegenheit."
    Der Physiker Walter Zimmer hat mehr als 30 Jahre im Meeresforschungsinstitut in La Spezia verbracht. Es ist eine zivile Einrichtung der NATO, wo Wissenschaftler und Ingenieure arbeiten, manche unbefristet, die meisten mit mehrjährigen Verträgen, aus ihren Heimatländern entsandt um irgendwann wieder zurückzukommen und von den nächsten abgelöst zu werden. So hofft man, den Austausch zwischen den Nationen und dem Militärbündnis frisch zuhalten. Das Mittelmeer hingegen ist das ganze Jahr über halbwegs warm und geeignet für Experimente. Während im Nordatlantik gilt: Was unter den rauen Bedingungen hier klappt, das geht auch sonst nicht schief.
    Das Experiment "Unified Vision" – eine mehr oder weniger technische Demonstration der NATO-Staaten untereinander.
    "Wenn jetzt Deutschland Unterwasserdrohnen sendet, damit die auch die richtigen Daten und Übertragungsmittel haben, sodass zum Beispiel die Engländer die benutzen könne oder umgekehrt oder wir jetzt hier oben in Norwegen - und den Nationen die Möglichkeit gibt zu sehen was machen die anderen wie machen wir das und das muss man ausprobieren und nicht nur auf dem Papier."
    Gesteuert wird das ganze Experiment aus dem Zentrum in Einsiedlerhof nahe Rammstein. Deutschland selbst heißt es sei gut aufgestellt, was Technologie und Vernetzung in der NATO angeht.
    Mittsommernacht vor der Küste von Tromsö in Norwegen
    Mittsommernacht vor der Küste von Tromsö in Norwegen (Deutschlandradio / Bettina Klein)
    Zur gleichen Stunde, in der die Alliance ihre Unterwasserdrohnen ausprobiert, wirbt Ursula von der Leyen in Washington dafür anzuerkennen was Deutschland in Sachen Bündnis Verteidigung im Moment schon leistet. Das Ganze durchaus ein Beispiel für Lastenteilung sagt Camille Grand einer der beigeordneten NATO-Generalsekretäre, zuständig für Verteidigungs-Investment.
    "In der Vergangenheit hat man sich zu sehr auf die USA in diesen Fragen verlassen. Inzwischen holen die Europäer hier auf und zeigen dass sie auch gut zusammenarbeiten können. Wir sehen, dass hier etwas passiert."