Freitag, 19. April 2024

Archiv

Mehr ausländische Studierende
"Hochschulstandort Deutschland hat ein gewisses Renommee"

An deutschen Hochschulen gibt es immer mehr ausländische Studierende. Das liege am guten Renommee und der Werbung deutscher Unis im Ausland, sagte Abdul Wahab Celebi vom Bundesverband Ausländischer Studierender im DLF. Es gebe aber noch einen anderen wichtigen Grund.

Abdul Wahab Celebi im Gespräch mit Manfred Götzke | 04.03.2015
    Manfred Goetzke: Seit Jahren bemühen sich deutsche Hochschulen um mehr ausländische Studentinnen und Studenten, und das funktioniert, das wirkt. 2014 haben sich 107.000 Studienanfänger aus dem Ausland hier eingeschrieben, 4,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Abdul Wahab Celebi von der Uni Bielefeld ist Mitglied im Bundesverband Ausländischer Studierender. Herr Celebi, warum ist Deutschland so beliebt. Hat es sich international einfach rumgesprochen, dass Studieren hier mehr oder weniger kostenlos ist?
    Abdul Wahab Celebi: Ich denke, das ist ein wichtiger Faktor, dass es in Deutschland keine allgemeinen Studiengebühren mehr gibt. Und das ist, denke ich, einer der wesentlichen Faktoren, dass eben internationale Studierende oft bevorzugt nach Deutschland kommen.
    Goetzke: Hat Deutschland denn über den geringen Kostenfaktor hinaus für ausländische Studierende auch weitere Vorzüge, die vielleicht auch mit den Hochschulen zu tun haben?
    Celebi: Ich denke, dass natürlich Deutschland als Hochschulstandort selbst sicherlich ein gewisses Renommee hat, aber dass halt eben auch hier teilweise sich auch viele Unis direkt im Ausland um internationale Studierende bewerben, sodass halt dadurch internationale Studierende sich vielleicht auch dadurch, weil die von bestimmten Hochschulen angeworben wurden, bevorzugen oder so den Weg nach Deutschland finden.
    Goetzke: Sie arbeiten im internationalen Büro des AStAs in Bielefeld. Welche Probleme bekommen sie denn von den Studierenden so zu hören. Was besorgt die, was haben die für Probleme an den deutschen Hochschulen oder an Ihrer Hochschule ganz konkret?
    Celebi: Wohnraum. Dadurch, dass es halt relativ wenig sozialen Wohnraum gibt oder dass halt eben Wohnheimplätze begrenzt sind, ist es natürlich gerade für internationale Studierende mitunter eben auch schwierig, bezahlbaren Wohnraum zu finden und zu bekommen, was natürlich auch irgendwie alle Studierenden betrifft, aber halt eben internationale Studierende noch ein bisschen mehr, weil sie nicht so die Möglichkeiten haben, irgendwie auf Eltern oder Verwandtenkreise auszuweichen, also keine Alternativmöglichkeiten haben. Das andere wäre die Betreuung der internationalen Studierenden. Es ist so, dass es zwar dezentrale Maßnahmen und Einrichtungen an verschiedenen Universitäten gibt, dass es aber keine festen Strukturen gibt. Das heißt, ob und wie gut internationale Studierende, wenn sie hierhin kommen, betreut werden, das hängt dann tatsächlich von den örtlichen Universitäten oder von einzelnen Projekten ab.
    Goetzke: Momentan ist das Zufall, je nachdem, an welcher Universität man gerade sich befindet. Zweites Thema: Die SPD macht sich momentan für ein Einwanderungssystem, ein neues Einwanderungsgesetz stark, nach dem Vorbild Kanadas. Ausländische Fachkräfte in besonders gefragten Berufen sollen demnach eine leichtere Möglichkeit haben, einzuwandern, nach Deutschland zu kommen. Was halten Sie von diesen Ideen?
    Celebi: Grundsätzlich müsste man halt schauen, was das halt auch für die Studierenden bedeuten würde. Also, ich würde jetzt davon ausgehen, dass es ja vor allem um Menschen geht, die halt eben schon eine Ausbildung haben und nicht eben noch eine Ausbildung machen wollen, sodass das jetzt für internationale Studierende eher nicht so relevant sein wird.
    Celebi: Einkommensregelung mit zu hohem Betrag
    Goetzke: Was heißt das aber für die internationalen Studierenden? Wird momentan schon genug getan, um die Leute, die hier eine Ausbildung, die ja kostenlos ist, wie wir ja gerade besprochen haben, genossen haben, die auch hier im Land zu halten?
    Celebi: Momentan müssen ja internationale Studierende dann einen Vertrag nachweisen, wo sie dann 44.000 Euro verdienen im ersten Jahr. Das ist in meinen Augen oder auch in den Augen der Vertreter von internationalen Studierenden eben deutlich zu hoch angesetzt, weil es eben viele Berufe gibt, wo das als Einstiegsgehalt so nicht realistisch ist.
    Goetzke: Was wäre denn aus Ihrer Sicht realistisch?
    Celebi: Das ist natürlich jetzt für unterschiedliche Berufe sehr schwierig zu sagen, eine einheitliche Zahl. Es wäre sinnig, das im Grunde genommen dann an verschiedene Berufsfelder zu koppeln, also zu sagen, okay, für meinetwegen Ingenieursberufe, wo auch höhere Einstiegsgehälter gezahlt werden, dass dann halt eher an Durchschnittseinstiegsgehälter zu koppeln, als jetzt eine pauschale Zahl zu nehmen und die dann quasi querbeet für alle zu nehmen.
    Goetzke: Hören Sie das denn häufiger von den Studierenden, die Sie auch betreuen, die ja möglicherweise auch ihr Studium abschließen, dass sie an diesen Hürden scheitern und dann zurückgehen müssen, obwohl sie gerne hier bleiben wollen?
    Celebi: Es kommt vor, weil oft ist es so, dass die Studierenden quasi hier halt sich darauf fixieren, irgendeinen Vertrag irgendwie zu bekommen und dann halt irgendwie auch Jobangebote in den Wind schlagen oder eben halt nicht annehmen, wo halt dann zu Beginn deutlich schlechter bezahlt wird. Grundsätzlich ist das sicherlich ein Problem, gerade, wenn man sieht, wie viele planen eigentlich, hier zu bleiben, und die dann doch irgendwie zurückmüssen in die Heimat.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.