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Mehr Geduld für das griechische Sparprogramm

Der Auftakt der Jahrestagung von Währungsfonds und Weltbank in Tokio hat für eine Überraschung gesorgt: IWF-Chefin Lagarde forderte mehr Entschlossenheit in der Lösung der Schuldenkrise. Und im Falle Griechenlands neuerdings auch mehr Geduld.

Von Eva Bahner | 11.10.2012
    Mit einem flammenden Appell eröffnete Christine Lagarde, die geschäftsführende IWF-Direktorin heute morgen in Tokio das Treffen von Währungsfonds und Weltbank in Tokio. Ein Appell, der sich vor allem an Europa richtet. Die Euro-Schuldenkrise bleibt die größte Gefahr für die Weltwirtschaft, zum zweiten Mal in diesem Jahr hat der IWF den Daumen gesenkt für nahezu alle Mitgliedsstaaten, alarmierend seien die konjunkturellen Abwärtsrisiken, heißt es im Weltwirtschaftsausblick. Zumal sich nun auch die Schwellenländer dem Abwärtssog nicht mehr entziehen können.

    Zwar begrüßte Lagarde ausdrücklich den Start des europäischen Rettungsschirms ESM und auch die flankierenden Aktionen der Notenbanken in den USA, in Japan und vor allem auch in der Eurozone Dennoch forderte Lagarde mehr Entschlossenheit in der Lösung der Schuldenkrise - und im Falle Griechenlands - neuerdings auch mehr Geduld.

    "Es ist manchmal besser etwas mehr Zeit zu haben. Dafür treten wir ein, im Fall von Portugal, im Falle von Spanien und von Griechenland. Ich habe immer wieder gesagt, dass das Land zwei Jahre mehr braucht, um das angedachte Konsolidierungsprogramm umzusetzen."

    Damit würde der IWF Athen entgegenkommen. Der griechische Regierungschef Antonis Samaras wirbt schon seit Wochen bei seinen Geldgebern um einen zweijährigen Aufschub für die Erfüllung der drastischen Sparauflagen. Ob eine zeitliche Streckung allerdings auch in der Troika aus IWF, EU und EZB auf Zustimmung stößt, ist offen. Auf die Frage, was er dazu sage, antwortete Finanzminister Wolfgang Schäuble heute morgen in Tokio:

    "Nichts. Weil ich heute morgen erst angekommen bin und weil ich Christine Lagarde noch treffen werde und ich habe sie zuletzt am Montag gesehen und da haben wir miteinander gesprochen. Im übrigen sind wir uns in Europa alle einig, dass wir den Bericht der Troika abwarten und dann auf der Grundlage dieses Berichtes beraten und entscheiden werden und dass jede Spekulation zuvor nicht hilfreich ist."

    Auch die Spekulationen um einen weiteren Schuldenerlass für Griechenland, der dieses Mal die öffentlichen Gläubiger, also vor allem die Notenbanken der Euro-Staaten treffen würde, wies Schäuble in Tokio weit von sich. Solche Vorschläge, wie sie auch vom IWF kämen, seien auch juristisch nicht praktikabel.

    Die Griechenland-Frage bleibt also weiterhin ungelöst, wird aber in Tokio sicherlich für Gesprächsstoff sorgen - auch beim Treffen der G7 Finanzminister. Aber nicht nur Europa steht in Tokio am Pranger. Auch der hohe Schuldenstand in den USA bereitet dem IWF Sorgen, die Christine Lagarde heute äußerte:

    "In den USA gibt es große Risiken wegen der Fiskalklippe und der Schuldenobergrenze, Risiken, die sich bislang noch nicht in den Prognosen niederschlagen, die aber bedrohlicher werden je mehr wir uns dem Jahresende nähern. Hier erwarten wir entschlossenes Handeln."

    Bis zu vier Prozent Wachstum, so schätzt der IWF, könnte das Zusteuern auf die sogenannte Fiskalklippe kosten, die Schuldenobergrenze also, die automatische Steuererhöhungen und massive Ausgabenkürzungen zur Folge hätte, sollte die politische Blockade in Washington - spätestens nach der Präsidentschaftswahl nicht gelöst werden. Ein plötzlicher Wachstumseinbruch also, der den Abwärtstrend der Weltwirtschaft noch verstärken würde.