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Mehr Geld von der Versicherung

Wer eine kapitalbildende Lebensversicherung vorzeitig kündigt oder sie beitragsfrei stellen lässt, bekommt am Ende weniger Geld ausgezahlt. Häufig aber zu wenig, so haben Gerichte mehrfach entschieden. Zu den Versicherern, die Ansprüche der Kunden mit unzulässigen Klauseln kleingerechnet haben, gehört auch die Allianz.

Von Axel Schröder | 09.01.2013
    Sie muss Kunden nach einem langfristigen Rechtsstreit mit vielen Millionen Euro entschädigen - und das ist nur ein Beispiel unter vielen. Erstritten hat die Urteile die Verbraucherzentrale Hamburg - Axel Schröder berichtet.

    Bis zuletzt hatten sich die Justiziare der Allianz-Versicherung vorbehalten, vor dem Bundesgerichtshof gegen ein Urteil des Stuttgarter Oberlandesgerichts vorzugehen, das dem Unternehmen gar nicht gefiel. Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte gegen den Versicherungskonzern geklagt und das Gericht entschied schon 2011: Die Allianz hat gekündigte und beitragsfrei gestellte Policen falsch abgerechnet. Auch die Klauseln zum sogenannten Stornoabzug wurden beanstandet. - Nun ist klar: Der Versicherer akzeptiert das Urteil und geht nicht mehr dagegen vor. Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg freut sich über den neuerlichen Erfolg:

    "Seit 2007 laufen diese Verfahren. Und wir haben jetzt in vier Fällen gewonnen. Gegen Deutscher Ring, Generali, Ergo und Iduna. Und eben jetzt auch - als fünfter im Bunde: die Allianz. Wir haben mit diesen Versicherungen einen Marktanteil von ungefähr 50 Prozent abgedeckt."

    Bei den Verfahren ging es um die entscheidende Frage: was bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher zurück, die eine Police vorzeitig, vor Ablauf der im Vertrag festgelegten Frist, kündigen? Und wie hoch sind die Leistungen, wenn eine Versicherung beitragsfrei gestellt ist, wenn keine Beiträge mehr eingezahlt werden? Auch nach den Urteilen ist klar: Man muss sich darauf einstellen, weniger zurückzubekommen, als man über die Jahre eingezahlt hat. Und auf mögliche Überschüsse darf man schon gar nicht hoffen. Aber die Urteile bestätigten: Beim Rückkauf von Verträgen, die ab 1995 geschlossen wurden, behielten die Versicherer mehr ein, als sie durften. Und die Leistungen für beitragsfrei gestellte Policen sind höher als von den Versicherern bisher berechnet. Diese Summen könnten die Kunden nun einfordern, so Verbraucherschützerin Edda Castello:

    "Die Rückforderungsansprüche für die einzelnen Verbraucher sind sehr unterschiedlich. Es kommt drauf an, wie hoch die Versicherungssumme war, wie viel sie gezahlt haben und zu welchem Zeitpunkt sie gekündigt haben. Im Durchschnitt kann man rechnen mit 500 Euro Nachzahlung. Das reicht von 200 Euro bis zu 2000 Euro."

    Generell gelte dabei eine Verjährungsfrist von drei Jahren: Wer seinen Vertrag also 2009 gekündigt hat, dessen Ansprüche sind verjährt. Allerdings, so Castello, gebe es Ausnahmen:

    "Es kann sein, dass zwischendurch eine Hemmung stattgefunden hat. Wenn man zum Beispiel schon mal hingeschrieben hat. Es kann auch sein, dass die Einrede der Verjährung rechtsmissbräuchlich wäre, wenn der Versicherer einen zum Beispiel abgewimmelt hat. Das ist dann aber eine Frage des Einzelfalls."

    Ein Sprecher der Allianz versprach gestern, dass das Unternehmen die Fehler korrigieren werde. Dafür stünden Rücklagen von 117 Millionen Euro zur Verfügung. Zusätzliche Summen aus beitragsfrei gestellten Versicherungen will das Unternehmen automatisch an die betroffenen Kunden weiterleiten. Wer seine Police gekündigt hat, müsse sich allerdings melden. Schließlich könne sich die Anschrift der ehemaligen Versicherungsnehmer geändert haben. Auch der Lebensversicherer Generali will die Schäden für die Kunden auf diese Weise korrigieren. Das bestätigte ein Sprecher des Unternehmens dem Deutschlandfunk. Die Signal Iduna hingegen will zunächst das Urteil genau prüfen und erst dann entscheiden, ob und wie ihre Kunden entschädigt werden.

    Weitere Informationen

    Auch die Verbraucherzentralen informieren über Wege, von den Versicherungen sein Geld wiederzubekommen.