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Mehr Untersuchungen, weniger Verkehrstote

EU-Verkehrskommissar Siim Kallas schlägt vor, die Prüfintervalle für Autos zu verändern. Aus Deutschland gibt es an den Plänen viel Kritik.

Von Annette Riedel | 13.07.2012
    Wenn die Vorschläge von EU-Verkehrskommissar Kallas für mehr Sicherheit auf Europas Straßen EU-Recht würden, dann würde sich auch für deutsche Autofahrer etwas ändern.

    Ab dem Jahre Sieben nach Erstzulassung soll die Prüfung von Fahrzeugen nicht mehr nach zwei Jahren, sondern bereits jährlich vorgenommen werden. Oder bei über 160.000 gefahrenen Kilometern schon ab dem vierten Jahr – im Dienste der Verkehrssicherheit auf europäischen Straßen, argumentiert EU-Kommissar Kallas:

    "Nicht-verkehrstüchtige Autos und Motorräder sind nicht nur eine Gefahr für die Fahrer, sondern für alle anderen Verkehrsteilnehmer. Solche Fahrzeuge wollen wir nicht auf unseren Straßen."

    Denn sie seien für sechs bis acht Prozent der Unfälle auf Europas Straßen verantwortlich. Der Tod von 1200 der jährlich 35.000 Verkehrstoten ließe sich so vermeiden. Und da für die Kommission erwiesen ist, dass die Gefahr von gravierenden technischen Mängeln erheblich zunimmt, wenn ein Fahrzeug älter ist als fünf Jahre, will sie die erste Untersuchung für PKW erst nach vier Jahren verlangen – in Deutschland steht der erste TÜV für drei Jahre alte Wagen an. Nach zwei Jahren stünde dann die nächste Hauptuntersuchung an und danach eben jährlich. Auch Motorräder und Roller müssten nach sechs Jahren jährlich geprüft werden. Der ADAC, so Sprecher Otto Saalmann, sieht den Sinn der Sache nicht. Das Ganze führe lediglich zu Mehrkosten durch häufigere Untersuchungen:

    "Für uns ist das reine Abzocke – Abzocke des deutschen Autofahrers."

    Wobei der Ansatz grundsätzlich gar nicht verkehrt sei, die technische Überwachung europaweit zu vereinheitlichen und auch in den elf EU-Ländern auf Motorräder und Motorroller auszuweiten, wo das noch nicht der Fall ist.

    "Natürlich, das wäre grundsätzlich richtig, dass man sagt, man schafft hier einen einheitlichen Standard. Aber der muss natürlich auch entsprechend hoch sein. Das muss man sehen – nur mit einer Verlängerung der Fristen kriegt man das nicht hin. In anderen Ländern haben wir nicht den Standard, den wir hier haben. Wie haben ein sehr hohes Niveau. Vielleicht sogar das höchste."

    Man anerkenne, so EU-Kommissar Kallas, dass die technischen Inspektionen in Deutschland sehr gut seien, aber die Statistiken bewiesen, dass Fahrzeuge nun mal nach sechs Jahren Nutzung eine größere Gefahr würden.

    Diese Statistik möge europaweit ihre Richtigkeit haben, so ADAC-Sprecher Saalmann, aber in Deutschland sei das anders, weil die hohe Qualität der technischen Kontrollen dafür sorge, dass schon jetzt kaum verkehrsuntaugliche Fahrzeuge auf der Straße unterwegs seien.

    "Ein gut gepflegtes, gewartetes Fahrzeug, was älter ist, baut auch nicht mehr Unfälle als ein Neues."

    Ob sich die Kommission wird durchsetzen können und ihre Vorschläge ab 2015 so geltendes Recht werden, darf beim erklärten Widerstand aus einigen Ländern, darunter Deutschland, bezweifelt werden. Und auch die Europaparlamentarier müssen zustimmen und haben schon Änderungswünsche angemeldet.