Freitag, 29. März 2024

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Proteste gegen Personalmangel
Weinende Patienten - wütende Mitarbeiter

Kein Arzt spricht mit einem. Keine Krankenschwester hilft. Auf der Toilette gedeihen Keime, weil nicht ordentlich gesäubert wird. Die Zustände sind offenbar nicht nur in kleineren deutschen Häusern mitunter dramatisch, sondern selbst in einer Vorzeige-Klinik wie der Charité in Berlin. Den Beschäftigten reicht es schon lange, sie gingen heute auf die Straße. OPs mussten ausfallen.

08.08.2017
    Im "OP 2000", dem Operationssaal der Zukunft, überprüft ein Mitarbeiter des Forschungsprojekts Surgical Research Unit OP 2000 in der Robert-Rössle-Klinik am Max-Delbrück-Centrum des Universitätsklinikums Charite, Berlin, ein stereoskopisches Laparoskop (links) für die minimal-invasive Chirurgie. Auf Monitoren sind stereoskopische Aufnahmen zur Operationsplanung dargestellt , andere Bildschirme (vorn rechts) werden für intraoperative Telekonferenzen eingesetzt, zu denen verschiedene externe Experten live zugeschaltet werden können. Mit Head-mounted-Display (Datenhelm) und Cyberglove (Datenhandschuh) ist zusätzlich ein klassisches Virtual Reality (VR-)-Szenario dargestellt. Das Projekt OP 2000 dient der weiteren Verbesserung der Tumordiagnostik und -therapie, der Ausbildung und dem Training der Mediziner.
    Zuletzt war ein Brandbrief von 160 Ärzten und anderen Mitarbeitern öffentlich geworden. (Archivbild) (dpa / ZB)
    Zahlreiche Pfleger an der Berliner Charité sind in den Warnstreik getreten, um auf Personalmangel aufmerksam zu machen. Geplante Operationen in zweistelliger Zahl mussten abgesagt werden, berichtete ARD-Korrespondent Thomas Weinert. Insgesamt haben sich laut Gewerkschaft Verdi 200 Mitarbeiter an den Standorten in Berlin-Mitte, Wedding und Steglitz beteiligt. Ziel ist ein Tarifvertrag. Dabei geht es dieses Mal aber nicht um mehr Geld, sondern um eine Vereinbarung, die eine Mindestbesetzung auf den Stationen und im OP-Saal sicherstellen soll.
    In dem "Lohnkörbchen" einer Demonstrantin in Schwesterntracht liegen am 08.08.2017 auf dem Gelände der Charité in Berlin ein Ei und ein Apfel. Die Gewerkschaft Verdi hat das Pflegepersonal zu dem Ausstand aufgerufen, nachdem die Verhandlungen zur Zukunft des Tarifvertrags ins Stocken geraten waren.
    Streikende an der Charité setzten sich rosa Brillen auf, in Anspielung auf die laut Gewerkschaft geschönte Sicht des Klinikvorstands. (picture alliance/dpa - Paul Zinken)
    Viele Demonstranten setzten sich rosa Brillen auf, in Anspielung auf die laut Verdi geschönte Sicht des Klinikvorstands auf Europas größte Uniklinik. Die Gewerkschaft beklagt Unterbeschäftigung, die Klinikleitung betont, bereits 250 zusätzliche Pflegekräfte eingestellt zu haben. Vorwürfe des Profitstrebens wies die Krankenhausführung ebenfalls zurück.
    "Berlins Regierender Bürgermeister muss handeln"
    Zuletzt war ein Brandbrief von 160 Ärzten und anderen Mitarbeitern öffentlich geworden, in dem mutmaßliche bauliche und hygienische Mängel selbst im neuen OP-Trakt der Charité kritisiert wurden. Während die Klinik die Vorwürfe zurückwies, forderte die AfD-Fraktion eine Anhörung der Klinikleitung im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses.
    Das Pflegepersonal äußerte im Vorfeld nur hinter vorgehaltender Hand Vorwürfe wegen mangelnder Pflegeintensität, Arbeitsüberlastung, Hygieneproblemen. Es war die Rede von weinenden Patienten. Die Berliner Patientenbeauftragte Karin Stötzner sagte, man könne den Regierenden Bürgermeister Michael Müller nur dringend dazu auffordern, die eingeplanten Investionen für Krankenhäuser auch faktisch umzusetzen.
    (tgs/vic)