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Mehrweg, Einweg, Holzweg

Der Anteil der ökologisch vorteilhaften Mehrwegflaschen geht seit Jahren zurück. Das liegt auch daran, dass viele Verbraucher immer noch meinen, dass es sich bei den PET-Flaschen, die sie vorzugsweise beim Discounter kaufen, um ökologisch korrekte Pfandflaschen handelt.

Von Dieter Nürnberger | 22.06.2011
    Als das Einwegpfand vor über acht Jahren eingeführt wurde, stand dahinter der politische Wille, Mehrweg zu fördern. Doch scheint die Rechnung nicht aufzugehen. Die Mehrwegquote fällt schon seit Längerem - sie beträgt derzeit rund 50 Prozent. Ausnahme ist lediglich der Bierverkauf, hier greifen die Deutschen mit einem Anteil von rund 80 Prozent zu wieder verwendbaren, umweltfreundlicheren Mehrwegflaschen. Dabei sind die ökologischen Vorteile vom Mehrweg generell nicht von der Hand zu weisen: Abfallmengen werden deutlich reduziert, zudem Rohstoffe eingespart.

    In diesen Tagen hat zudem die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers eine Untersuchung vorgelegt, wonach nicht nur ökologische Argumente für Mehrweg sprechen. Mitunter sei Mehrweg auch unter ökonomischen und sozialen Aspekte Einweg überlegen. Dieter Horst von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft:

    "Gerade für kleine und regionale Getränkehersteller gibt es da klare ökonomische Vorteile. Auch die Systemstabilität und die geringeren Anlaufschwierigkeiten sind ökonomisch interessant."

    Und nicht zuletzt gehe es auch um Arbeitsplätze vor allem im Mittelstand. Viele kleinere Brauereien und Abfüller beispielsweise würden durch regionale Mehrwegsysteme auch Beschäftigung schaffen, sagt der Wirtschaftsprüfer.

    Warum die Deutschen allerdings immer weniger zu Mehrwegflaschen greifen, bleibt umstritten. Die Deutsche Umwelthilfe sieht vor allem Mängel in der Deklaration. Jürgen Resch, der Bundesgeschäftsführer:

    "Wir haben in Kundenbefragungen herausgefunden, dass viele Bürger der Auffassung sind, Mehrweg zu kaufen - sie sagen auch, dass sie aus Umweltgründen nur Mehrweg kaufen wollen -, tatsächlich kaufen sie aber Einwegflaschen. Deswegen würde eine einfachere Kennzeichnung helfen, diese Täuschung, die teilweise von den Herstellern auch aktiv betreiben wird, zu beenden."

    Denn oft würden Hersteller nicht extra darauf hinweisen, dass es sich um ökologisch bedenkliche Einwegprodukte handelt. Eine Forderung der Umwelthilfe ist deshalb eine einfache Deklaration. Doch viele Hersteller sind davon nicht begeistert, beispielsweise Coca Cola. Uwe Kleinert ist Leiter des Bereichs Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit:

    "Wir haben bei uns Mehrweg draufstehen. Wir glauben, dass man die Flaschen unterscheiden kann - sowohl wegen der Pfandhöhe und aufgrund der Aufschrift. Wir bezweifeln aber, dass diese Idee wirklich etwas bringt. Aufgrund vieler gesetzlicher Vorgaben steht ja schon heute schon viel zu viel auf der Flasche. Es müsste eher darum gehen, weniger auf die Etiketten zu schrieben. Damit es für die Verbraucher übersichtlicher wird."

    Die Mehrwegquote von Coca Cola sei vorbildlich, sagt Uwe Kleinert. Sie liege bei knapp 70 Prozent. Bei Erfrischungsgetränken ist dies in der Tat ein hoher Wert, hier liegt die generelle Quote in Deutschland bei lediglich rund 20 Prozent. Allerdings müsse man auch weiterhin Einweg anbieten, sagt Uwe Kleinert. 100 Prozent Mehrweg sei nicht realistisch.

    "Es gibt einfach in Deutschland verschiedene Bereiche und auch Kundensegmente, wo Mehrwegsysteme nicht geführt werden. Und wenn wir in diesen Kundensegmenten auch weiterhin unsere Getränke verkaufen wollen, dann müssen wir dort auch Einwegflaschen anbieten."

    Umweltverbände machen hauptsächlich die Verkaufspolitik der Discounter für den Einbruch bei der Mehrwegquote verantwortlich. Viele Billigsupermärkte bieten ausschließlich Einweg an, das Pfand ist hier mitunter teurer als das Produkt.

    Neben einer einfacheren Kennzeichnung wollen die Mehrweg-Befürworter auch ein einheitlicheres Verfahren - die derzeit vielen Ausnahmen beim Pfandsystem sollten abgeschafft werden, sagt Jürgen Resch, der Geschäftsführer der Umwelthilfe:

    "Es ist auch nicht einzusehen, warum ein Fruchtsaft mit 51 Prozent Saftanteil pfandfrei ist, einer mit 49 Prozent Saftanteil aber pfandpflichtig. Da blicken zum Teil selbst die Abfüller nicht mehr durch."

    Und sollte all das nicht helfen, die Mehrwegquote wieder nach oben zu treiben, fordert die Umwelthilfe sogar eine Lenkungsabgabe. Das Einwegpfand sollte dann noch etwas höher ausfallen als bisher. Entscheiden muss letztendlich aber die Bundesregierung - und hier wird bislang zumindest erst einmal nur über eine einfachere Kennzeichnung diskutiert.