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Großbritannien
Johnson geht als Favorit in die Neuwahlen

Premierminister Boris Johnson hat sich durchgesetzt. Das britische Unterhaus stimmte für Neuwahlen im Dezember. Johnson setzt darauf, die Brexit-Befürworter auf sich zu vereinen. Aber er geht auch ein Risiko. Sollte er die Mehrheit verfehlen, wäre ein zweites Referendum unvermeidlich.

Von Friedbert Meurer | 30.10.2019
Premierminister Boris Johnson wirbt für Neuwahlen am 12. Dezember, um die Mehrheit im Parlament zu gewinnen.
Boris Johnson - "Wir müssen den Brexit liefern" (dpa/House of Commons)
Am Ende war die Entscheidung mehr als deutlich: 438 Abgeordnete stimmten für Neuwahlen am 12. Dezember und nur ganze 20 dagegen. Etliche Abgeordnete hatten sich der Stimme enthalten, unter anderem die Liberaldemokraten und die Schottische Nationalpartei. Gerade sie waren es zuvor, die sich für Neuwahlen ausgesprochen hatten – jetzt aber nicht mit dem Termin einverstanden waren.
Entscheidend aber war, dass Premierminister Boris Johnson sich am Ende doch durchgesetzt hatte. "Es gibt nur einen Weg vorwärts, der führt über Neuwahlen. Wir müssen den Brexit liefern gegen all die Obstruktionspolitik des Parlaments. Wir müssen es erneuern und den Menschen die Wahl geben."
Konservative liegen über zehn Prozentpunkte vor Labour
Johnson geht als Favorit in die Wahlen. In den Umfragen liegen die Konservativen über zehn Prozentpunkte vor Labour. Deren Chef Jeremy Corbyn hatte ganz zum Schluss und nach langem Zögern den vorgezogenen Neuwahlen doch noch zugestimmt. Jeremy Corbyn zeigte sich aber trotz schlechter Umfragewerte kampfeslustig.
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"Wir werden die größte Wahlkampagne erleben, die diese Partei jemals gestemmt hat. Wir sind völlig geeint und entschlossen. Wir stehen für die Botschaft der Hoffnung, die es mit dieser Regierung nicht gibt." Corbyn setzt darauf, wie 2017 in den letzten Wochen einen großen Rückstand aufzuholen.
Labour ist gespalten
Aber die Partei ist gespalten, viele wollen die Neuwahl nicht. Zufrieden waren dagegen, wenn auch nicht über den exakten Wahltermin, die kleinen Parteien, zum Beispiel die Schottische Nationalpartei. Ian Blackford, ihr Fraktionschef, erhofft sich neuen Schwung für die Unabhängigkeitsbewegung in Schottland. "Ich freue mich auf die Wahlen. Es wird dabei auch um das Recht Schottlands gehen, seine eigene Zukunft zu bestimmen."
"Wenn das Vereinigte Königreich in der EU bleibt", beschwor Jo Swinson von den Liberaldemokraten, "dann können wir unsere Wirtschaft neu formen und die technologische Revolution angehen. Das ist die Botschaft, die wir in den Wahlen ausgeben."
12. Dezember - Wunschtermin Johnsons
Der 12. Dezember, ein Donnerstag, ist der Wunschtermin Boris Johnsons. Er setzt darauf, die Stimmen der Brexit-Befürworter auf sich zu vereinen, während die EU-Anhänger sich zwischen Liberaldemokraten und Labour aufspalten.
Aber der Premierminister geht auch ein Risiko ein. Wenn er die absolute Mehrheit verfehlt, könnte es wieder zur Hängepartie im Unterhaus kommen. Jess Phillips von Labour warnt: "Was machen wir denn, wenn es am Ende wieder keine klaren Mehrheiten im Parlament gibt? Was ist, wenn das Haus wieder völlig gespalten ist, und wir können uns auf nichts einigen?"
Dann wäre ein zweites Referendum nahezu unvermeidlich. Aber die Chancen stehen besser für einen Wahlsieg von Boris Johnson, der dann Großbritannien wohl zum 31. Januar endgültig aus der EU herausführen würde.