Mittwoch, 24. April 2024

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Olympia 2020
Der Schein trügt

Im Durchschnitt liegen die Kosten von Olympischen Spielen über 150 Prozent höher als veranschlagt. Dies führt zu Mehrkosten - zum Bedauern des Steuerzahler. Geht es nach Japan, dem Gastgeber 2020, gibt es diesmal keine Mehrkosten. Aber nur dank konstruierter Kostenplanung der Organisatoren.

Felix Lill im Gespräch mit Klaas Reese | 01.01.2020
Eine Flagge mit dem Logo für die Olympischen Sommerspiele in Tokio 2020.
Eine Flagge mit dem Logo für die Olympischen Sommerspiele in Tokio 2020. (dpa / Michael Kappeler)
"Die Organisatoren von Tokio 2020 haben jetzt im Juli bekannt gegeben, dass sie so viele private Sponsoren-Einnahmen wie noch nie eingespielt haben, 3 Milliarden US-Dollar in etwa. Das sind natürlich super News für das IOC, weil die sich seit Jahren einem sinkenden Interesse seitens der Anzahl von Bewerberstädten gegenübersahen. Anhand von Tokio will man zeigen, dass es gelingen kann, Spiele so zu organisieren, bei denen der Steuerzahler nicht dazuzahlen muss.", sagt Lill. Ein beachtliches Ergebnis, denn zu den Einnahmen der Exklusivsponsoren des IOC decken sich damit die Einnahmen mit den anfallenden Kosten, was keine Kosten für die Steuerzahler bedeutet.
Allerdings trügt der Schein, denn laut Felix Lill schließen die Organisatoren in ihrer Rechnung nur die operativen Kosten mit ein, also Ausgaben, die nur während der Spiele anfallen. Die Kosten für Stadionbauten vom Olympiastadion über Schwimmhalle bis zum Olympischen Dorf werden daher nicht mitgezählt. Für Lill ergeben sich hieraus noch einmal erhebliche Kosten: "Laut Plan 6,5 Milliarden US-Dollar. Und diese wird die öffentliche Hand auf jeden Fall zahlen."
Trotz dieser Diskrepanz gibt es keinen Aufschrei innerhalb der Bevölkerung Japans. Hintergrund ist dabei eine Verflechtung der japanischen Medien mit den Olympischen Spielen, wie Lill berichtet: "Denn im Land ist nicht so viel Kritisches über Olympia zu hören. Das liegt maßgeblich daran, dass die großen Tageszeitungen des Landes, die dann wiederum mit den großen Fernseh-Kanälen immer verbandelt sind, alle Medienpartner der Olympischen Spiele 2020 sind. Da kann man nicht die allerkritischste Berichterstattung erwarten."
Bruch von Konvention sorgt für viele Sponsoren
Bis zu 60 nationale Sponsoren unterstützen laut Lill die Olympischen Spiele 2020. Dabei habe Tokio die Konvention gebrochen, dass nur ein Unternehmen pro Wirtschaftssektor als Partner tätig sein darf. Erstmals werben also mehrere Unternehmen aus demselben Wirtschaftssektor unter dem Banner der Olympischen Spiele. Ergänzend dazu wendete Tokio 2020 eine geschickte Marketing-Strategie an: "Tokio 2020 gilt als Unternehmung, die man sich als Betrieb nicht entgehen lassen sollte", so Lill.
Nichtsdestotrotz haben einige Sponsoren in der Vergangenheit für Skandale gesorgt. Ein Widerspruch, da sie damit gegen die IOC-Charta und damit die Werte der Olympischen Spiele verstoßen haben.
Unabhängige Prognosen sagen noch höhere Kosten voraus
"Nach einigen Sparempfehlungen liegt die Schätzung derzeit bei etwa 20 Milliarden. Das ist aber immer noch fast doppelt so hoch wie die Rechnung inklusive der ganzen Stadionbauten, und mehr als dreimal so hoch viel wie die operativen Kosten", sagt Lill. Dabei beruft sich Lill auf Prognosen, die nicht direkt vom Veranstalter kommen. Diese Unterschiede seien keine Überraschung, da es diese Unterschiede bei den Prognosen schon immer gegeben hat. Ergänzend dazu müsse Tokio 2020 alle anfallenden Mehrkosten selbst tragen. Das IOC habe laut Lill im Ausrichterverträg festgelegt, dass der Veranstalter alles was jenseits des Budgets liegt, selbst übernehmen müsse. Mehrkosten für den Steuerzahler wird es also geben, auch wenn die Veranstalter das anders angekündigt haben.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.