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Kleiner Schnitt mit großen Folgen

Fehldiagnosen, Verschreibungsfehler oder gar das Verwechseln von Patienten: In deutschen Kliniken kommt es jedes Jahr zu knapp zwei Millionen "vermeidbaren unerwünschten Behandlungsergebnissen". In Erlangen haben sich nun Betroffene von Ärztepfusch in einem Verein zusammengefunden, um für ihre Rechte zu kämpfen.

Von Mirko Smiljanic | 13.11.2012
    "Primum non nocere", "zuerst einmal nicht schaden", - diesem ehernen Grundsatz hippokratischer Tradition ist noch heute jeder Arzt verpflichtet. In den meisten Fällen klappt das auch, aber eben nicht in allen.

    "Also, ich bin 2010 an einem Tennisarm operiert worden, zwei Mal, der Arzt hat da Fehler gemacht, hat Nerven durchtrennt, ...",

    erzählt Sandra Stenzinger, Mitglied der "Notgemeinschaft Medizingeschädigter in Bayern – Patient im Mittelpunkt e.V." aus Erlangen und ihr Vorsitzender Ewald Kraus fügt hinzu:

    "Mein Sohn ist als 14-Jähriger beim Schulsport vom Reck gestürzt, hat sich die Schulter luxiert, als 17-Jähriger ist er dann operiert worden und bei der Operation wurden Schrauben in die Schulterpfanne eingebracht, und zwei dieser drei Schrauben ragten in den Gelenkspalt, und da hat sich der Oberarmkopf abgerieben."

    Zwei Fälle, wie sie immer wieder vorkommen: Inkompetenz kann die Ursache sein, Stress oder Übermüdung – auch Ärzte sind fehlbar. Zu leiden haben auf jeden Fall die Patienten.

    "Irgendwann im April hat er mich für gesund erklärt, ich soll nicht schwimmen gehen, das wird schon,..."

    Leider wurde es nicht, die Schmerzen nahmen zu, Schmerzmittel musste sie immer höher dosieren, um den Alltag zu bewältigen. Schlimmer noch erging es dem Sohn von Ewald Kraus.

    "Der Oberarmkopf ist soweit zerstört, dass er über der Waagerechten seinen Arm nicht mehr bewegt ... mit der Folge, dass er schon als junger Mann dauerhaft auf Schmerzmittel angewiesen war. Die Alternative wäre ein Gelenk, ein künstliches Gelenk, eine Prothese, wo aber alle Ärzte, die wir konsultiert haben, und das waren einige Spezialisten in Deutschland, von Hamburg über München bis Stuttgart und Würzburg, die raten dann immer ab in so jungen Jahren, er ist jetzt 35, so eine Operation zu machen."

    Beide Fälle waren so gravierend, dass Sandra Stenzinger und Ewald Kraus vor Gericht Schmerzensgeld erstritten. Bei Sandra Stenzinger ging es vergleichsweise rasch über die Bühne.

    "Wir haben uns außergerichtlich geeinigt mit seiner Versicherung, es waren 6750 Euro."

    Bei Ewald Kraus sah es ganz anders aus: 15 Jahre musste sein Sohn auf die erste Rentenzahlung warten, allein siebeneinhalb Jahre dauerte ein Sozialgerichtsverfahren, das den Schulsportunfall als Ursache der Schäden feststellte.

    "Und als das Sozialgerichtsverfahren zu Ende war, haben wir das dann mit der Haftpflichtversicherung reguliert, aber auch das hat dann noch ein paar Jahre in Anspruch genommen."

    Seither zahlt die Versicherung des Arztes pro Monat ... .

    "... rund um die 300 Euro."