Freitag, 19. April 2024

Archiv

Internationale Atomenergiebehörde
Warnung vor "atomarem Terrorismus"

Ungesichertes Nuklearmaterial gelangt in die falschen Hände und wird benutzt, um Anschläge zu begehen. Die Internationale Atomenergiebehörde warnt kurz vor einem neuen Gipfel zur weltweiten Nuklearsicherheit erneut vor einem solchen Szenario und fordert höhere Sicherheitsstandards.

Von Ralf Borchard | 31.03.2016
    Ein Tank mit radioaktiv-strahlendem Wasser in der Schachtanlage Asse in Niedersachsen.
    Die Internationale Atomenergiebehörde fordert, radioaktives Material besser zu sichern. (afp / Jochen Luebke)
    Eine Schulung der Internationalen Atomenergiebehörde für Beamte aus der Republik Moldau. Die ehemalige Sowjetrepublik, die zwischen der Ukraine und Rumänien liegt, gilt beim Thema Nuklearschmuggel als besonders problematisch. Seit 2010 haben Kriminelle in mindestens vier Fällen versucht, Nuklearmaterial aus Moldau weiterzuverkaufen, angeblich auch an Mittelsmänner von Terrorgruppen wie dem "Islamischen Staat".
    Es sei essentiell, Grenzbeamte und Sicherheitspersonal in Moldau besser auszubilden, sagt Alexandru Oprea, Chef der staatlichen Zivilschutzbehörde:
    "Der beste Weg, etwas zu lernen, sind praktische Übungen. Deshalb arbeiten wir mit der Internationalen Atomenergiebehörde zusammen. Nur so können wir erreichen, dass nukleare Sicherheit kein frommer Wunsch bleibt, sondern für unser Land realistisch und praktikabel wird."
    Ein Vorfall jeden zweiten Tag
    Seit Jahren versucht die Atomenergiebehörde IAEA mit Sitz in Wien, die Sicherheitsstandards weltweit zu verbessern, durch Kontrollen, Schulungen und eine zentrale Datenbank. Im Schnitt jeden zweiten Tag wird der UNO-Behörde irgendein Vorfall gemeldet, bei dem radioaktives Material abhandenkam. Khammar Mrabit hat die IAEA als Abteilungsleiter für Nuklearsicherheit bei zahlreichen Konferenzen vertreten:
    "Es gibt dieses Risiko, dass nukleares oder anderes radioaktives Material gestohlen wird, etwa aus Atomkraftwerken, Forschungseinrichtungen oder ganz normalen Krankenhäusern", sagt Mrabit. "Dieses Material muss effektiv geschützt werden, während es verwendet, gelagert oder transportiert wird. Und wenn es nicht mehr benutzt wird, muss es sicher entsorgt werden."
    Auch vor dem aktuellen Gipfel zur Nuklearsicherheit in Washington hat die IAEA vor der wachsenden Gefahr des "atomaren Terrorismus" gewarnt. Eine Plutoniumasse in der Größe einer Grapefruit reiche aus, eine primitive Atombombe zu bauen, so IAEA-Chef Yukiya Amano. Die meisten Experten halten dabei weniger den Bau einer tatsächlichen Atombombe durch Terrorgruppen für realistisch. Sie warnen vielmehr vor sogenannten schmutzigen Bomben, die herkömmlichen Sprengstoff mit radioaktivem Material kombinieren. Auch dadurch könnten größere Gebiete verstrahlt werden.
    Kaum bindende Beschlüsse bei Konferenzen
    Ein Grundproblem ist, dass Konferenzen wie die in Washington kaum bindende Beschlüsse fassen. Russland hat seine Teilnahme diesmal ganz abgesagt. Doch immerhin haben seit dem ersten Nukleargipfel in Washington 2010 acht Staaten die Verwendung von hochangereichertem Uran aufgegeben, darunter die Schweiz und Usbekistan.
    "Die IAEA-Mitgliedsstaaten, die Regierungschefs haben immerhin den Stellenwert nuklearer Sicherheit und die Gefahr durch nuklearen Terrorismus erkannt und ganz oben auf die Agenda gesetzt", sagt Khammar Mrabit. "Gleichzeitig wird die zentrale Kontroll- und Koordinationsfunktion der IAEA anerkannt. Es ist einiges passiert. Aber: Es bleibt immer noch viel zu tun."