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Science-Fiction-Spiel "Prey"
Außerirdische, Androiden und Amnesie

Ein bisschen Alien, ein bisschen John Carpenter und eine Prise Philip K. Dick - so könnte man den Videogame-Blockbuster "Prey" beschreiben, der in einer alternativen Zukunft spielt. Hier ist John F. Kennedy nie ermordet worden und infolge hat die Menschheit sich anders entwickelt. Konflikte gibt es trotzdem - und nicht nur auf der Erde.

Von Kai Löffler | 10.05.2017
    Vorstellung des Ego-Shooters "Prey" auf einem Bethesda Softworks Presse-Event. Das Spiel enthält Elemente des Action-Adventures und Rollenspiels.
    Vorstellung des Ego-Shooters "Prey" auf einem Bethesda Softworks Presse-Event. Das Spiel enthält Elemente des Action-Adventures und Rollenspiels. (AFP PHOTO / Glenn Chapman)
    Nichts ist mehr wie es war, als der Protagonist von "Prey" das Fenster zu seinem Balkon zerschlägt und dahinter statt des malerischen Ausblicks auf die Golden Gate Bridge ein futuristisches Labor zum Vorschein kommt. So beginnt ein atemloses Abenteuer um manipulierte Erinnerungen und Gen-Experimente, die außer Kontrolle geraten. Zeitpunkt der Handlung ist das Jahr 2032, eigentlich also in gar nicht so ferner Zukunft, sollte man meinen.
    Alternative Realität
    Diese Zukunft ist allerdings nicht unsere Zukunft: Auf einem Porträt hat US-Präsident John F. Kennedy weiße Schläfen. "Prey" spielt in einer alternativen Realität, in der Kennedy das Attentat überlebt hat.
    "Die Talos One ist voll funktionsfähig. Ein Meilenstein der privaten Raumfahrt. Die erste Neuromod ist erschienen und ermöglicht die spektakuläre Verbesserung des menschlichen Verstandes und Körpers."
    "Prey" ist also "Alternate History", zeigt eine Zukunft, die aus einer alternativen Vergangenheit erwachsen ist. Nicht der Kalte Krieg bestimmte in dieser Welt die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts - Amerikaner und Russen forschten gemeinsam. Und was man anfangs für San Francisco hält, stellt sich als Weltraumstation Talos Eins heraus, auf der außerirdisches Leben studiert wird - bis die Aliens rebellieren.
    Spielerische Flexibilität
    Die flackernden Lichter und sprühenden Funken in der umkämpften Raumstation erinnern an das Finale eines Alien-Films. In diesem klaustrophobischen Umfeld tastet man sich durch dunkle Gänge, sammelt Nützliches ein, und versteckt sich panisch hinter Ecken oder unter Tischen, wenn die Schritte der tödlichen Außerirdischen lauter werden.
    Ganz neu ist das alles nicht. "Prey" erinnert an den futuristischen Shooter Half Life und an Survival Horror wie Dead Space. Dazu kommen Rollenspiel-Elemente: Jede Begegnung, jede Email, die der Spieler in den verlassenen Büros von Talos 1 liest, könnte der Beginn einer Side Quest sein - der Spieler entscheidet, ob und wann er sie löst. Wichtiger als das "ob" und "wann" ist aber das "wie", denn die Spielmechanik passt sich nicht nur der komplexen Story an, sondern auch den Vorlieben des Spielers.
    Diese Art von Flexibilität wurde vor wenigen Jahren durch Spiele wie Dishonored und Deus Ex eingeführt. Begegnungen enden nicht zwangsläufig mit dem Tod des Monsters oder dem der Spielfigur - in vielen Fällen können die Außerirdischen ausgetrickst, weggelockt oder komplett umgangen werden. Auch Rätsel können auf unterschiedliche Arten gelöst werden, und oft gibt es mehrere Wege durch eine verschlossene Tür. Viele große Titel der letzten Zeit mischen Spiel-Genres, geben dem Spieler unterschiedliche Aufgaben - "Prey" spielt außerdem mit der Subjektivität der Erfahrung.
    Todbringende Aliens in einer friedlichen Welt
    "Was wäre wenn?" - Mit dieser Frage zeigt das Alternate-History-Genre eine andere Welt, um unsere zu beleuchten. In der Welt von "Prey" arbeiten verschiedene Nationen zusammen, um das Wohl der Menschheit zu verbessern. Und gäbe es nicht die todbringenden Aliens, dann wäre diese alternative Zukunft in unseren Zeiten des aufkommenden Nationalismus eine verlockende Utopie.
    Nicht nur sagen viele Spiele etwas über unsere Zeit, auch die Spieler sind erwachsen geworden. Videospiele sind keine Nische mehr, keine reine Jugendkultur. Anstatt das Wochenende mit dem Gamepad in der Hand zu verbringen, möchte man einfach nach der Arbeit eine halbe Stunde entspannen. Aber wie? Neben den klassischen Medien locken heute noch YouTube, Netflix und ein unüberschaubar großes Angebot anderer Spiele, mit wenigen Klicks heruntergeladen. Die Zeiten, in denen Spieler damit zufrieden waren, zwanzig Stunden lang das gleiche zu tun, sind vorbei.
    Nichts ist mehr, wie es war.