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Tunesien
Grenzsicherung mit deutscher Hilfe

Tunesien will wegen seiner schlechten Erfahrungen mit Terrorismus und Schmuggel seine Grenzen besser sichern. Unterstützt wird es dabei von Deutschland - mit Praxislehrgängen und Ausrüstung. Dafür gibt es pro Jahr ein Budget von etwa vier Millionen Euro.

Von Jens Borchers | 10.08.2017
    Tunesische Grenzschützer der Nationalgarde patrouillieren am 02.08.2017 bei einer Übung im Ausbildungszentrum in Oued Zerga (Tunesien). Deutsche Bundespolizisten sollen tunesischen Grenzschützern beibringen, wie diese ihre Grenzen und sich selbst sichern können. Seit vor zwei Jahren Dutzende Touristen bei Anschlägen starben, ist die deutsche Bundespolizei vor Ort.
    Wenn mögliche Terroristen schon an der tunesisch-algerischen Grenze aufgegriffen werden können, profitiert auch Deutschland davon. (dpa / Simon Kremer)
    Es ist eine lange Grenze zwischen Tunesien und Algerien, 1.200 Kilometer etwa. Im kleinen Ort Hammam Bourguiba zeigt Bassem Grissa, der Verantwortliche Direktor der tunesischen Nationalgarde, worum es an diesem Grenzabschnitt geht. Und warum seine Leute und Mitglieder der Grenzpolizei mithilfe der deutschen Bundespolizei ausgebildet werden.
    Schutz vor Zigaretten-Schmugglern und Terroristen
    "Wir arbeiten hier gegen den Schmuggel, gegen Terroristen und für die Sicherung unseres Gebietes", sagt Bassem Grissa.
    Zigaretten-Schmuggler sind der harmlosere Teil der Aufgabe. Die Terrorismus-Gefahr ist ein ganz anderes Kaliber. Imed Sannène ist Grenzschützer im Abschnitt um Hammam Bourguiba. Sannène hat schon Lehrgänge bei den Ausbildern der deutschen Bundespolizei absolviert:
    "Wir trainieren regelmäßig, aber zum Glück mussten wir das Gelernte noch nicht anwenden. Bis jetzt hatten wir hier noch keine terroristischen Vorgänge.", sagt Sannène. Aber Johannes Parzer, der Leiter des Ausbildungsprojektes, sagt:
    "Dann hat Tunesien natürlich auch ein terroristisches Bedrohungsszenario. Das betrifft vor allem die Kollegen der Nationalgarde, die in den Mittelgebirgsregionen auf sich gestellt sind und dort auf Terroristen treffen können oder aber auch sich Sprengfallen ausgesetzt sehen. Das ist leider auch ein ernst zu nehmendes Problem."
    Auch dafür sollen die tunesischen Grenzschützer geschult werden. Bei den Kursen in einem Lager der Nationalgarde sollen die Grenzpolizisten und Nationalgardisten ein Gebäude erkunden. Der Trupp schleicht sich um das Haus herum. Die Nationalgardisten sollen lernen, mögliche Gefahren durch den Gegner einzukalkulieren.
    "Alles okay", sagen die Ausbilder am Ende der Übung. Aber: Wenn ihr um eine Hausecke biegt, muss das schnell gehen. Sonst hat der Gegner die Möglichkeit, sich die Waffe des Grenzschützers zu packen: "Dann ist die Waffe weg." Alles muss übersetzt werden. Das ist mühsam, geht aber nicht anders. Ein Lehrgangs-Teilnehmer sagt:
    "Wir haben viel mitgenommen. Wir können uns selbst besser schützen, wenn wir uns im Terrain bewegen, und wir können die Kollegen schützen", sagt er. Die Praxis-Lehrgänge sind nur ein Teil der deutschen Hilfe zur Grenzsicherung. Der andere Teil ist die Ausrüstung: Fahrzeuge, Nachtsichtgeräte, Wärmebildkameras – das liefert Deutschland nach Tunesien. Und die tunesischen Grenzschützer lernen, damit zu arbeiten.
    Mögliche Terroristen an der tunesisch-algerischen Grenze erkennen
    Dafür gibt es pro Jahr ein Budget von etwa vier Millionen Euro. Das Projekt soll vorerst bis 2020 weiterlaufen. Auf die Frage, warum Deutschland ein Interesse daran hat, den Grenzschutz in Tunesien zu verbessern, sagt Projektleiter Parzer:
    "Das deutsche Interesse ist, dass wir hier tragfähige Strukturen unterstützen wollen. Es ist klar, die tunesisch-algerische Grenze hat keinen unmittelbaren Bezug zu Deutschland, aber dass Tunesien in der Lage ist, seine Grenzen zu kontrollieren, strahlt mittelbar auch auf Deutschland ab. Personen, die man hier erkennt und behandelt, stellen dann auch kein Problem mehr für Deutschland dar."
    700 Grenzschützer sind bisher geschult worden. Und die Deutschen hoffen darauf, dass sie nicht zu schnell in andere Einheiten versetzt werden, sondern tatsächlich auch im Grenzschutz bleiben.