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Bundestagswahl
Die Bildungspolitik der AfD

Auch die AfD hat das Thema Bildung in ihrem Parteiprogramm aufgenommen. Sie will zu den alten Diplom- und Magisterstudiengängen zurück und Aufnahmetests an den Hochschulen einführen. Bundestagskandidat Markus Frohnmeier hat dafür Beispiele aus dem eigenen Freundeskreis.

Von Christian Ignatzi | 05.09.2017
    Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit der AfD im Kursaal in Bad Cannstatt mit Frauke Petry Markus Frohnmaier (AfD) - Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit der AfD im Kursaal in Bad Cannstatt / Stuttgart, Baden-Württemberg, Germany, Europa Copyright: 7aktuellx/xAndreasxFriedrichs Celebrations to Day the German Unit the AFD in Kursaal in Bath Cannstatt with Frauke Petry Markus AFD Celebrations to Day the German Unit the AFD in Kursaal in Bath Cannstatt Stuttgart bath Wuerttemberg Germany Europe Copyright 7aktuellx xAndreasxFriedrichs
    Markus Frohnmeier ist Pressesprecher der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel und Bundestagskandidat der Partei für den Kreis Böblingen (imago stock&people)
    Markus Frohnmaier hat viel zu tun. Der 26-Jährige ist kürzlich Vater geworden, Pressesprecher der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel und Bundestagskandidat der Partei für den Kreis Böblingen. In seinem Heimatort Weil der Stadt treffe ich ihn zwischen zwei Terminen in seinem Auto, um über die Bildungspolitik zu sprechen. Klare Kante will seine Partei zeigen, wenn sie sagt: Wir müssen aufhören, das Studium zu verschulen:
    "Wir glauben, dass der Bachelor auf dem Arbeitsmarkt als nicht etabliert gilt. Wir können auch feststellen, dass ein Bachelor ungefähr die Zeitdauer einer Berufsausbildung hat. Und wir haben nach wie vor das Problem mit der Verschulung. Ich selber bin nicht betroffen, weil ich Rechtswissenschaften als Staatsexamen studiere. Aber ich merke das im Kontakt mit Freunden, die erzählen: wenn ich sechs oder sieben Semester Physik studiere, dann werde ich mit einem Bachelor in Physik nicht als echter Physiker anerkannt. Und ich glaube, dass man hier mit dem Diplom und Magister etwas aufgegeben hat, das sich einfach bewährt hat. Und darum wäre es wahrscheinlich auch wünschenswert, wenn man dahin wieder zurückkehrt."
    AfD will duale Ausbildungen stärken
    Die AfD will zurück zu alten Systemen. Frohnmaier sieht in den alten Diplom- und Masterstudiengängen ein internationales Gütesiegel. Vor einiger Zeit noch war er Sprecher von Frauke Petry, das Gesicht des rechten Flügels im Vorstand der rechtspopulistischen Partei. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen sie wegen Meineids. Ihre Immunität ist aufgehoben. Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl sind Alexander Gauland und Alice Weidel. Für letztere arbeitet Frohnmaier heute. Für sein Studium der Rechtswissenschaften bleibt keine Zeit:
    "Im Moment ist es so: Gerade in den letzten vier Wochen vor dem Wahlkampf, da ruht mein Studium aufgrund der persönlichen Entwicklungen bei mir. Aber mein Ziel ist natürlich, dass ich das Studium zu Ende bringe, weil ich der Auffassung bin, dass das als Familienvater, Abiturient mit Führerschein, nicht geht, da muss man auch seiner Verantwortung einfach gerecht werden."
    2013 weckte ein Vortrag des AfD-Mitglieds und VWL-Professors Joachim Starbatty Frohnmaiers Interesse. Zuvor hatte sich der ehemalige Hauptschüler an die Uni hochgearbeitet. Geht es nach der AfD, sollten das in Zukunft aber nicht mehr zu viele schaffen. Die Partei will lieber die duale Ausbildung stärken. Frohnmaier:
    "Ich glaube, dass wir mittlerweile in Deutschland einen Akademisierungswahn erleben. Wir haben den Trend hin zur Massenuniversität. Wir haben eine Studienberechtigtenquote, die mittlerweile fast 50 Prozent erreicht hat. Wenn immer mehr Menschen studieren, dann wird natürlich auch eine Entwertung des Studiums stattfinden. Wir sehen das an Ländern wie Spanien, Italien, aber auch in Russland. Dort studieren eben alle. Letztendlich führt es dazu, dass ein Studium eben keinen Wert mehr hat."
    Aufnahmetests für Hochschulen
    Die AfD fordert in ihrem Wahlprogramm deshalb stärkere Zulassungskontrollen für Fachhochschulen und Universitäten:
    "Wir brauchen an Hochschulen mehr Exzellenz. Und darum fordern wir unter anderem auch, dass Hochschulen ein Recht dazu haben, mittels eines sogenannten Aufnahmetests selber zu entscheiden, wer an einer Hochschule studieren darf."
    Wer Frohnmaier kennenlernt, bekommt auf den ersten Blick den Eindruck eines engagierten Studenten. Es gibt aber noch einen anderen Markus Frohnmaier. Viele sehen in ihm einen Wolf im Schafspelz. Seine wohl am häufigsten zitierte Aussage stammt aus einer Rede auf einer Demo in Erfurt 2015, in der er von linken Gesinnungsterroristen spricht. Es fällt der Satz: Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt. Auf Facebook stichelt er gern: Über Grünen-Politikerin Claudia Roth schrieb er, sie habe in der Silvesternacht 2016 in Köln im übertragenen Sinne mittelbar mitvergewaltigt. Jüngst freute er sich, dass die AfD alle neuen Asylbewerber nach Afrika zurückschicken will.
    Förderschulen sollen beibehalten werden
    Flüchtlinge sind immer wieder ein zentrales Thema. Schulpflichtige Asylbewerber soll die Schule auf ihr Leben nach der Rückkehr in ihr Heimatland vorbereiten, statt den Lernfortschritt der einheimischen Schüler zu behindern, fordert die AfD. Doch nicht nur Flüchtlingskinder bleiben außen vor. Eine inklusive Schule für alle soll auch für Kinder mit Behinderung in weite Ferne rücken:
    "Die AfD steht dafür, dass wir die Förderschulen beibehalten wollen, weil wir glauben, dass sie am ehesten den Bedürfnissen der Behinderten gerecht werden kann. Wir befürchten, dass in der Praxis Inklusion mit Schülern, Lehrern und Eltern einfach zu Problemen führen könnte. Wenn quasi Behinderte im normalen Schulunterricht teilnehmen würden."
    Weniger Flüchtlinge, keine Inklusion, zurück zu den alten Diplom- und Masterstudiengängen, Zulassungskontrollen gegen steigende Akademisierung - dafür steht die AfD. Es ist nicht davon auszugehen, dass sie nach der Wahl eine gewichtige Rolle in der Bildungspolitik einnehmen wird. In aktuellen Umfragen liegt die Partei bei acht Prozent. Für Markus Frohnmaier würde das aber wohl zum Einzug in den Bundestag reichen.