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"The Buzzard" bereitet aktuelle Diskussionen auf

Das Leipziger Medienstartup "thebuzzard.org“ will Lesern einen Service bieten, die sich umfassend informieren und auch Gegenargumente hören wollen. Auf dem Debattenportal fassen die Gründer dafür Texte zu kontroversen Themen zusammen.

Von Bastian Brandau | 29.01.2018
    Portrait der zwei Gründer
    Die Gründer von "The Buzzard" Dario Nassal und Felix Friedrich. (Deutschlandradio / Julian Mathieu)
    Plagwitz im Leipziger Westen. In einem ehemaligen Speicher direkt am Karl-Heine-Kanal befindet sich auf drei Stockwerken das Gründerzentrum "Social Impact Lab". Es ist derzeit auch das Hauptquartier von thebuzzard.org. Gründer Dario Nassal und Felix Friedrich, beide Mitte 20, sind Stipendiaten des Labs, sie profitieren vom Netzwerk, bekommen Coachings und die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Im Gruppenraum im ersten Stock zeigt Felix Friedrich die Website. Das Prinzip: Wie der namensgebende Vogel, der Bussard, behält das Team von "the Buzzard" den Überblick über die Medienvielfalt im Internet, aus denen es Beiträge aussucht und sie den Nutzern präsentiert.
    Einordnung von Quellen zum besseren Verständnis
    "Wenn man sich bei´the Buzzard´, also dem Debattenportal, was wir machen, einloggt, dann kommt man erstmal auf den Debattennavigator. Da können unsere Nutzer direkt die verschiedenen Debatten, die gerade aktuell sind, verfolgen, und können zum Beispiel unser aktuelles Thema zum Familiennachzug einsehen. Da ist die Frage: Gibt es gute Gründe, den Familiennachzug zu verbieten? Und dann sieht man hier unterschiedliche Argumente."
    Zehn Artikel pro Debatte. Grün umrandeten Kästen mit einer bejahenden Meinung stehen rot umrandete mit einer ablehnenden gegenüber. Ausgewählt aus Tageszeitungen wie der "Süddeutschen Zeitung" oder "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", aber auch aus dem Magazin von Pro Asyl und einem Menschenrechtsblog. Jeden Text haben die Macher von Buzzard zusammengefasst und begründet, warum sie ihn ausgewählt haben. Außerdem die Quellen eingeordnet, unter ihnen regelmäßig auch ausländische. Zu den Quellen gehört beim Thema Familiennachzug auch "Tichys Einblick", ein Blog, das sich selbst als liberal-konservativ (*) bezeichnet, von Beobachtern aber auch als rechtspopulistisch eingeordnet wird.
    Positionen werden gegenübergestellt
    Dario Nassal: "Zum Beispiel auch Positionen vom rechten Rand nehmen wir auch mit auf. Um zu zeigen: sie sind Teil der Debatte. Zum Beispiel hier wäre eine dieser Positionen, die ein bisschen konfrontativ ist, 'Wir holen uns nur Arbeitslose ins Land'. Das sind Leute am rechten Rand der CDU, aber auch in der AfD, die so argumentieren. Und dann sieht man in diesem Beitrag, wie begründen Menschen tatsächlich diesen Punkt? Dem gegenübergestellt ist dann das Argument, ein Verbot des Familiennachzugs ist unmenschlich. Darin wird erklärt, was es eigentlich für reale Konsequenzen hat für ganz viele Familien. Was das bedeutet, wenn ein Teil der Familie in Griechenland ist. In einem Auffanglager und die anderen hier in Berlin warten müssen und nicht wissen, wann sie sich sehen können."
    Einen Service wollen sie denjenigen liefern, die sich umfassend informieren und auch Gegenargumente hören wollen. Die in der Fake-News-Debatte ihre Filterblase verlassen wollen. Zum Lesen morgens in der Bahn oder nach der Arbeit auf der Couch. Werbefrei, für 8,95 Euro im Monat. Ein Basis-Zugang ist kostenlos. 60 bis 70 Arbeitsstunden investiere das Team von "the Buzzard" für die wöchentliche Recherche zu einem Thema. Außer den beiden Gründern arbeiten noch vier Frauen und drei Männer für die Plattform, die es so erst seit dem vergangenen Sommer gibt. Entstanden aus einer Idee der beiden Studienfreunde Nassal und Friedrich, mit Preisen ausgezeichnet und unterstützt u.a. vom gemeinnützigen Journalismusnetzwerk "VOCER"und vom "Media Lab Bayern". Dort haben sie die ersten Monate ihr Projekt aufgebaut, bevor sie aus München nach Sachsen gegangen sind.
    "the Buzzard" will finanziell unabhängig werden
    "Wir wollten nach Leipzig gehen, weil wir die Stadt sehr sehr attraktiv finden, weil es ein schöner Ort ist um zu leben, weil es gleichzeitig viel günstiger ist als München, weil viel mehr Leute hier sind, die offen sind für neue Ideen und die diese Startup-Denke spannend finden, die Lust haben, auch bei so einem Projekt mitzuarbeiten und es ist näher an Berlin, näher an den Medienunternehmen dort", sagt Dario Nassal.
    Zur harten Realität eines frühen Startups gehört auch, dass es irgendwann darum gehen muss, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Die "Google Digital News Initiative" unterstützt mit 50.000 Euro beim Entwickeln einer Suchmaschine für Meinungsartikel, an der bei "the Buzzard" parallel gearbeitet wird. Vor allem aber geht es den Gründern jetzt darum, weitere Unterstützer zu finden und die Zahl der Abonnenten zu steigern. Irgendwann, so der Wunsch, sollen dann täglich Themen aufbereitet werden. Und dann auch auf Englisch, um auch Länder mit bedrohten Presselandschaften zu erreichen.
    (*) In der ursprünglichen Fassung des Textes stand hier, der Blog bezeichne sich als nationalkonservativ. Das trifft nicht zu. Die Website bezeichnet sich als "liberal-konservativ".