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Saarländische Landesmedienanstalt
Kritik an Wahl der Direktorin

Die CDU-Politikerin Ruth Meyer ist die neue Direktorin der saarländischen Landesmedienanstalt - doch die Wahl ist umstritten. Medienrechtler sehen die Staatsferne der Medienanstalt gefährdet - sie kritisieren unter anderem die Kandidatinnen-Auswahl. Ein Mitbewerber könnte nun klagen.

Von Tonia Koch | 15.01.2020
Die saarländische CDU-Politikerin Ruth Meyer bei einer Sitzung des Landtags.
Die Berufung von Ruth Meyer zu Direktorin der saarländischen Landesmedienanstalt sorgt für Kritik. (imago images / Becker & Bredel)
Die Linke Landtagsfraktion hatte am Vormittag noch versucht, mit einem eilig eingebrachten Antrag die Wahl auszusetzten. Aber dafür fand sich im Parlament erwartungsgemäß keine Mehrheit. So ließ Parlamentspräsident Stephan Toscani in geheimer Wahl abstimmen: "Es wurden 51 Stimmen abgegeben, für Frau Ruth Meyer, wurden 40 Stimmen abgegeben."
Damit stand die große Koalition zwar fast, aber nicht geschlossen hinter der CDU-Landtagsabgeordneten und ehemaligen Verwaltungsangestellten Ruth Meyer. Von der seit geraumer Zeit öffentlich geführten Diskussion ums Besetzungsverfahren gab sich die frisch gekürte Direktorin der Landesmedienanstalt unbeeindruckt.
"Ich freue mich über die große Zustimmung des saarländischen Landtages und ich bin auch stolz, dass das höchste repräsentative Gremium, das dieses Land hat, mir dieses Vertrauen schenkt."
Landesmedienanstalt fest in CDU-Hand
Seit Jahren ist der Direktions-Posten der Landesmedienanstalt im Saarland in den Händen der CDU. Das ist in erster Linie den politischen Mehrheitsverhältnissen im Land geschuldet. Seit der Jahrtausendwende regiert die CDU - von einem kurzen Jamaika-Intermezzo abgesehen - entweder mit absoluter Mehrheit oder in einer großen Koalition mit den Sozialdemokraten.
Da fällt es leicht, Personalpakte zu schnüren und verdiente Parteimitglieder zu berücksichtigen, sei es bei Toto und Lotto, dem Landessportverband oder eben der Landesmedienanstalt. Beim lukrativen Postengeschacher aber bleibe die Expertise auf der Strecke, argumentiert Die Linke. Sie fordert deshalb Änderungen am Wahlverfahren, so wie die Linken-Politikerin Barbara Spaniol:
"Uns ging es darum, den sensiblen Bereich der Medienaufsicht, also Institutionen, die staasfern sein sollten wie die Landemedienanstalt, aus parteipolitischen Erwägungen herauszuhalten. Denn genau das wollen immer weniger Menschen akzeptieren, genau das führt zu unrühmlichem Politikfrust."
Nicht der Landtag solle über die Leitung der Landesmedienanstalt bestimmen, sondern der Medienrat, in dem alle gesellschaftlichen Gruppen vertreten sind. Eine Ansicht, die von einer Reihe von Medienrechtlerinnen und Medienrechtlern vertreten wird, darunter auch von Professor Dieter Dörr, ein Kenner der saarländischen Medienszene und inzwischen an der Universität Mainz als Seniorprofessor tätig.
CDU gegen Änderung des Landesmediengesetzes
"Hier ist ein Fehler, der im Gesetz liegt und der aus meiner Sicht verfassungsrechtlich so nicht hinnehmbar ist, weil das Bundesverfassungsgericht im ZDF-Urteil zur Gremienzusammensetzung glasklare Worte zur Staatsferne des Rundfunks und der Medien gefunden hat. Und wenn der Landtag den Direktor, die Direktorin wählt, ist natürlich die Gefahr, staatlichen und parteipolitischen Einflusses sehr, sehr hoch. Und dies kann man reduzieren, indem man die Entscheidung der Versammlung überträgt."
CDU-Ministerpräsident Tobias Hans sieht allerdings keinerlei Veranlassung, das Landesmediengesetz entsprechend zu ändern. Man sei mit diesem Gesetz bislang gut gefahren. Die bisher nahtlos aus politischen Ämtern auf den Direktions-Sessel der Landesmedienanstalt gewechselten Kandidatinnen und Kandidaten hätten Urteilsvermögen und Unabhängigkeit unter Beweis gestellt. Deshalb könne keine Rede davon sei, dass hier eine CDU-Bastion verteidigt werde.
"Ich verwehre mich dem Eindruck, dass ich hier Erbhöfe verwalte. Darum geht es überhaupt nicht, es gibt ein transparentes Verfahren."
Medienrechtler: Verfahren gewährt keine Chancengleichheit
Die Transparenz aber habe erheblich gelitten, weil Ruth Meyer bereits als Konsenskandidatin der Großen Koalition öffentlich bekannt gegeben worden war - noch bevor die Direktorenstelle ausgeschrieben worden war. Eine solche Praxis könne potenzielle Bewerber doch nur abschrecken, findet Professor Dörr: "Weil das Verfahren dem Anspruch aller Bewerberinnen und Bewerber auf chancengleiche Berücksichtigung ihrer Bewerbung und dem Grundsatz der Bestenauslese eklatant widerspricht."
Trotz Vorfestlegung hatte es zwei weitere Bewerbungen auf die Stelle gegeben. Darunter die junge Filmemacherin Teresina Moscatiello und den langjährigen Vizedirektor der Landesmedienanstalt, Jörg Ukrow. Der promovierte Jurist mit SPD-Parteibuch hat schon einmal seine Ambitionen auf den Direktorenposten auf Bitten der Genossen zurückgestellt.
Dieses Mal aber wird damit gerechnet, dass der 59-jährige die Füße nicht still halten wird, sondern gegen die heutige Entscheidung des Landtages klagen wird.