Radioortung | Hörspiele für Selbstläufer

    Verwisch die Spuren!

    Von LIGNA · 09.09.2010
    Welche Spuren hinterlässt die Geschichte, welche Spuren hinterlässt eine Gesellschaft und welche Spuren werden verwischt? Vom Stadtschloss bis zum Marx-Engels-Forum - Geschichten des Areals zwischen Fernsehturm und Schlossplatz in Berlin-Mitte.
    Mit ihrem Stück "Verwisch die Spuren!" eröffneten die Medien- und Performancekünstler der Gruppe LIGNA 2010 die Handy-Hörspielreihe RADIOORTUNG in Berlin. 32 Hörspielfragmente liegen zwischen dem Alexanderplatz und dem Schlossplatz in Berlin Mitte. Jeder Punkt auf der Karte entspricht einem Hörspielfragment.
    Die Hörminiaturen liegen nicht zufällig in dem Areal zwischen Fernsehturm und Schlossplatz. Das Gelände war (und ist) umstritten und im Jahr 2010 wusste niemand, wie es in Zukunft aussehen würde. Das Berliner Stadtschloss hatte den Platz dominiert, bis es abgerissen wurde. Der Palast der Republik wurde gebaut und gab dem Ort zusammen mit dem Fernsehturm und dem Marx-Engels-Forum eine neue Identität: eine städtebauliche Repräsentation der DDR.
    Nach 1989 stellte sich die Frage, was mit diesem Raum passieren sollte: Der Palast der Republik wurde abgerissen - sollte der Rest des Ensembles stehen bleiben? Oder Alt-Berlin wiedererrichtet werden?
    "Verwisch die Spuren!" ist ein Handy-Hörspiel von LIGNA - aus dem Projekt Radioortung von Deutschlandfunk Kultur.
    Beim Flanieren unbekanntes Terrain entdecken - Geschichten, die sich in Berlin-Mitte auf dem Areal zwischen Schlossplatz und Alexanderplatz verstecken.© Deutschlandfunk Kultur / Sebastian Wagner
    LIGNA lädt mit ihrem RADIOORTUNG Stück zu einer Besichtigung ein und öffnet den Raum der historischen und futuristischen Fantasie: Wie wird diese Landschaft den Archäologen in viertausend Jahren erscheinen? Vielleicht wie den Berlinern Kairo erschien, als es in der Gewerbeausstellung von 1896 mit einem Nachbau der Cheops-Pyramide, märkischem Sand und Beduinen imaginiert wurde. Vielleicht werden in viertausend Jahren in einer anderen Metropole dieser Welt die Reste des Marx-Engels Forums ausgestellt, in einem Museum, das entfernt dem Fernsehturm-Pavillon nachempfunden wurde.
    Welche Spuren hinterlässt die Geschichte, welche Spuren hinterlässt eine Gesellschaft und welche Spuren werden verwischt? Welche Spuren hinterlassen wir, wenn wir uns mit Mobiltelefonen durch den Raum bewegen, wenn wir durch unsere Bewegung das Hörspiel in Gang setzen? Und wie lassen sich die Spuren lesen?
    LIGNA lädt die Hörerinnen und Hörer dazu ein, zu Flaneuren zu werden und das Gebiet in der Mitte Berlins mit ihrem Hörspiel im Ohr zu durchstreifen. Dient GPS normalerweise der genauen Verortung jedes Einzelnen im Hier und Jetzt, lädt die Technik in "Verwisch die Spuren!" dazu ein, im Flanieren unbekanntes Terrain zu entdecken. Dem Flaneur erscheint die zwielichtige Vieldeutigkeit des urbanen Raums, er entdeckt abgelegte Spuren, legt neue und lernt, die eigenen Spuren zu verwischen.
    LIGNA
    Die Gruppe LIGNA entwickelt zwischen Theater, Tanz, Installation und Performance neue Situationen, ermöglicht unwahrscheinliche Bewegungen, und erfindet die Rolle des Publikums neu. Mit ihren Modellen performativer Radionutzung wie dem Radioballett, intervenieren sie in den öffentlichen Raum und hinterfragen seine Normen und Kontrolle. LIGNA besteht aus Ole Frahm, Michael Hüners und Torsten Michaelsen und existiert seit 1997. Ihre Arbeiten wurden mehrfach mit internationalen Preisen ausgezeichnet.
    Verwisch die Spuren!
    ist eine Produktion von Deutschlandfunk Kultur
    in Koproduktion mit dem Deutschen Theater Berlin