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Europaparlament
Betrugsverdacht gegen Front-National-Abgeordnete

Es geht um den Verdacht der missbräuchlichen Benutzung von Geldern des Europäischen Parlaments, der illegalen Parteienfinanzierung, sowie den Verdacht des Verstoßes gegen französisches Steuer-, Arbeits- und Sozialabgabenrecht.

Von Annette Riedel | 10.03.2015
    Organigram des Front National
    Organigramm des Front National (deutschlandradio.de / Annette Riedel)
    "Das ist das Organigramm der Front National, das die veröffentlicht haben. Und das haben meine Dienste mir vorgelegt ."
    Martin Schulz beugt sich über das Organigramm der französischen Front National, FN, und weist auf Namen, Strukturen, Verbindungen und Zusammenhänge hin, die darauf hinweisen könnten, dass die rechtsextreme Partei Front National auf Kosten des EU-Parlaments 20 Mitarbeiter beschäftigt, die tatsächlich für die Partei in Frankreich arbeiten.
    Wäre das der Fall, könnte es um eine illegale Verwendung von Geldern von bis zu 7,5 Millionen Euro gehen. Die Parteichefin der FN, Marine Le Pen, ist eine der 22 Europa-Abgeordneten der Partei. Die ist im Wahlkampf, denn Ende März wird in Frankreich ein neues Parlament gewählt. Die FN könnte bis zu 30 Prozent der Stimmen gewinnen. Diese zeitliche Nähe des Vorgangs zu den Wahlen hat Schulz von Seiten des Front National den Vorwurf eingebracht, er würde sich in den Wahlkampf einmischen.
    "Den Vorwurf haben wir natürlich erwartet. Nur – ich bin je rechtlich verpflichtet zu handeln zu dem Zeitpunkt, wo mir der Verdacht auf Rechtsbrüche bekannt wird. Das, was ich gemacht habe, hat mit dem Wahlkampf nichts zu tun. Aber es ist natürlich klar, dass die Front National versucht, sich so zu verteidigen. Ich behandele diesen Fall, wie ich alle anderen Fälle behandele. Ich schalte das Betrugsbekämpfungsamt ein."
    Aktueller Fall mit großem Umfang

    Die FN-Parteivorsitzende Marine Le Pen kündigte jedenfalls an, "Anzeige wegen Verleumdung" zu stellen. Der Vizechef der Partei, Florian Philippot, kommentierte via Twitter ironisch, dass "Schulz im Kern Recht habe". Die Mitarbeiter arbeiten tatsächlich nicht für die Europäische Union, sondern gegen sie".
    Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlamentes, in seinem Büro
    Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlamentes, in seinem Büro (deutschlandradio.de / Annette Riedel)
    "Es ist ja nicht zum ersten Mal so in der Geschichte des Parlamentarismus, dass sich Parteien in ein Parlament wählen lassen, mit dem Ziel, die demokratischen Strukturen von innen zu zerstören."
    Schulz hat jetzt das, was ihm an Informationen über die möglichen Betrugsfälle vorliegt, sowohl an die zuständige Antibetrugsorganisation der EU, OLAF, weitergeleitet als auch an die französischen Behörden.
    Geld aus EU-Töpfen darf laut Parlamentsvorschriften nur für Assistenten bezogen werden, "die für die Ausübung des parlamentarischen Mandats des Abgeordneten erforderlich sind und damit in unmittelbarem Zusammenhang" stehen. Wobei es ausdrücklich bei parlamentarischen Mitarbeitern nicht darum geht, dass sie zwangsläufig in Brüssel oder Straßburg ihrer ausgewiesen Arbeit im Dienste des Parlaments nachgehen müssen.
    Bei einem Parlament von 751 Abgeordneten sind Ermittlungen wegen des Verdachts auf Betrug immer mal wieder der Fall – dieser aktuelle ist aber im Umfang ungewöhnlich. Die grüne Abgeordnete Rebecca Harms wundert sich, wie es zu Betrug in so solchem Ausmaß habe kommen können, sollte sich der Verdacht bestätigen.