100 Jahre „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“

Die Lächerlichkeit der Macht

56:49 Minuten
Schwarzweißfotografie von Jaroslav Hašek, der auf einer Waldlichtung auf einem Stein sitzt.
Anarchist, Trinker, Schriftsteller: Jaroslav Hašek in einer undatierten Aufnahme. © picture alliance/CTK
Von Rolf Cantzen · 21.03.2021
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Vor 100 Jahren erschien „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“. Heute hat der Stoff den Hauch von Klamauk und Klamotte. Dabei handelt es sich um einen anarchischen und zeitlosen Angriff auf menschliche Dummheit und den Wahnsinn des Krieges.
Jaroslav Hašek hatte zeitlebens Konflikte mit Autoritäten. Er flog aus der Schule, verlor seinen Job bei der Bank und desertierte aus dem Militär. Am liebsten verbrachte er seine Zeit im Wirtshaus. Der ehemalige Frontkämpfer, Anarchist, Politkommissar der Roten Armee, Kritiker des bolschewistischen Terrors, Dadaist und Redakteur spielte Schach, schrieb und trank.

Krieg und Revolution prägten den Stoff

Sein literarischer Stil widersprach der damaligen Konvention: Hašek verwendete unverblümt vulgäre Volkssprache, hatte Sprachwitz. Er wurde deshalb von der Literaturszene ignoriert und als "Gossenliterat" angesehen. Dennoch veröffentlichte er regelmäßig in verschiedenen Zeitschriften.
1912 entstand der "Urschwejk" als Fortsetzungsroman. Hašek zeichnete den braven Soldaten hier noch recht gemütlich als eine Art "Trottel der Kompanie" – eindimensional, eine Art Slapstick-Figur, witzig, aber ohne jede Hintergründigkeit.
Bis auf den Namen "Schwejk" und das Sujet, dem k.u.k.-Militär, blieb von diesem "Urschweijk" im Roman vom März 1921, mit dem der Autor Weltruhm erlangte, nicht mehr viel übrig. Dazwischen lagen der Erste Weltkrieg und die russische Revolution. Beide Ereignisse prägten die Darstellung.

Die Filme verharmlosen den Roman

Jaroslav Hašek erzählt mit entlarvendem Humor vom Horror des Krieges, der verstaubten Monarchie, dem Dünkel der Menschen, dem "alltäglichen Wahnsinn" und einigem mehr.
Verfilmungen - etwa die mit Heinz Rühmann - verharmlosten den Roman und prägen in Deutschland bis heute seine Rezeption. Die jüngste Übersetzung des "Schwejk" ist schärfer und verweigert die Gemütlichkeit.

Mehr Geld, als Hašek vertrinken konnte

Mit seinem Roman verdiente Hašek erstmals mehr Geld, als er vertrinken konnte. Und wurde weltberühmt.
Die "Abenteuer des braven Soldaten Schwejk", ein Gegenstück zum klassischen Bildungsroman, ist bis heute das meistübersetzte tschechische Buch. Obrigkeitskritisch, von absurder Fantasie, schamlos klug und - trotz seiner 1000 Seiten – unvollendet.

(huk)

Die Lächerlichkeit der Macht. 100 Jahre "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk"
Ein Feature von Rolf Cantzen

Es sprachen: Monika Oschek, Timo Weisschnur und Tonio Arango
Regie: Giuseppe Maio
Ton: Alexander Brennecke
Redaktion: Wiebke Porombka
Produktion: Deutschlandfunk Kultur 2021

Das Manuskript können Sie hier herunterladen.

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