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Memorandum
Portugal wird Teil Chinas neuer Seidenstrasse

Peking investiert in den Ausbau des portugiesischen Atlantikhafens Sines. Beim Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jingping in Lissabon werden beide Seiten ein Memorandum unterzeichnen, das die Zusammenarbeit noch weiter stärken soll. Der portugiesische Premier António Costa weiß, dass das auch Kritik auslöst.

Von Tilo Wagner | 05.12.2018
    Der stellvertretende chinesische Außenminister Zhou Nan (r) und der portugiesische UN-Botschafter Rui Medina (l) prosten sich am 26. März 1987 in Peking nach der Unterzeichnung des Abkommens zu. Sie vereinbarten, daß Portugal seine Überseeprovinz Macao am 20. Dezember 1999 an die Volksrepublik China zurückgeben wird. |
    Fast zwanzig Jahre nach dem Ende der portugiesischen Kolonialherrschaft in Macau stehen die Zeichen zwischen Lissabon und Peking auf Kooperation (picture-alliance / dpa)
    Sines, rund 110 Kilometer südlich von Lissabon, war vor einem halben Jahrhundert noch ein beschaulicher Hafen für kleine Boote und Fischkutter. In den siebziger Jahren begann der Ausbau der Docks. Es wurden Rohstoffe wie Erdöl, Kohle und Gas umgeschlagen. Inzwischen ist Sines auch der wichtigste portugiesische Containerhafen. Hier können sogar die weltweit größten Containerschiffe mit einem Tiefgang von über 22 Metern einlaufen. Mehr als die Hälfte alle Güter, die übers Meer nach Portugal kommt, werden in Sines umgeladen. Der portugiesischen Regierung reicht das aber nicht. Sie will nun einen neuen Containerterminal bauen lassen – und sucht für die eine Milliarde Euro teure Investition nach Geldgebern aus China. In einem Korrespondentengespräch mit dem Deutschlandfunk und anderen Medien in Lissabon erklärte Premierminister António Costa, dass der Besuch des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping den Weg freimachen soll für eine stärkere Kooperation zwischen beiden Staaten:
    "Neue maritime Seidenstraße"
    "Wir wollen, dass der Hafen von Sines Teil der Neuen maritimen Seidenstraße wird. Sines ist Portugals atlantischer Hafen mit den größten Wachstumskapazitäten. Es ist ein Tiefseehafen, der in unmittelbarer Nähe zu den wichtigen Seewegen aus dem Mittelmeer, aus dem Atlantik und aus dem südlichen Afrika liegt. Sines kann zur europäischen Schnittstelle dieser maritimen Routen werden. Für die Handelsbeziehungen zwischen Europa und Asien ist es enorm wichtig, dass Portugal Teil der neuen Seidenstraße wird."
    So soll dieser Hafen auch im Konkurrenzkampf mit spanischen Standorten wie Barcelona punkten. Bisher spielt Spanien in den Plänen der chinesischen Regierung, das globale Transportnetzwerk auszubauen, eine untergeordnete Rolle. Portugal hat dagegen im März mit dem Neubau einer modernen Bahnstrecke bis zur spanischen Grenze begonnen. Die Güter, die im Hafen von Sines eintreffen, sollen ab 2022 wesentlich schneller die spanische Hauptstadt Madrid erreichen - und damit auch den europäischen Bahnkorridor Madrid-Paris-Berlin. Die portugiesische Regierung erhofft sich vom Staatsbesuch des chinesischen Präsidenten zudem neue Impulse für den Export portugiesischer Produkte nach China. Portugal hatte aus seinen historischen Verbindungen nach Ostasien lange viel zu wenig gemacht. Die Behörden hatten es über Jahre verschlafen, portugiesische Unternehmen in China zu unterstützen. Nur 1,2 Prozent der portugiesischen Exporte gehen nach China – und der allergrößte Teil kommt aus dem Volkswagenwerk Autoeuropa vor den Toren Lissabons.
    Anders sieht es mit dem chinesischen Interesse an portugiesischen Großunternehmen aus. China hat in der Finanzkrise zugegriffen, als die klamme portugiesische Regierung Staatsunternehmen privatisierte. Mittlerweile besitzen chinesische Investoren fast neun Prozent der börsennotierten portugiesischen Unternehmen, insbesondere im Bereich Energie sowie bei den Banken und Versicherungen. Premierminister António Costa sieht keine Gefahr darin, dass China in strategisch wichtigen portugiesischen Konzernen das Sagen hat:
    Weltoffenheit als Vorteil
    "Portugal ist seit fünf Jahrhunderten ein Land, das sich der Welt öffnet. So war es immer, und so soll es bleiben. Das ist unser Vorteil. Gleichzeitig sind wir Teil der EU und erfüllen die gesetzlichen Vorgaben des Binnenmarkts. Die chinesischen Investitionen in Portugal sind alle im Rahmen transparenter, offener Privatisierungsprozesse verlaufen. Wir brauchen dringend Auslandsinvestitionen in Portugal, und wir verfolgen keine diskriminierende Politik, die berücksichtigt, aus welchem Land das Kapital kommt."
    Der erste Staatsbesuch eines chinesischen Präsidenten in Portugal seit 2010 soll ein ganzes Jahr besonders enger bilateraler Beziehungen zwischen beiden Ländern einleiten: Fast zwanzig Jahre nach dem Ende der portugiesischen Kolonialherrschaft in Macau stehen die Zeichen zwischen Lissabon und Peking auf Kooperation.