Freitag, 29. März 2024

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Merkel bei Auschwitz-Gedenken
Verbrechen, die nicht verjähren

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht eine "immerwährende Verantwortung" der Deutschen, die Erinnerung an die Gräueltaten der Nationalsozialisten wachzuhalten. Bei einer Gedenkfeier anlässlich der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz sagte die Regierungschefin: "Auschwitz fordert uns täglich heraus, unser Miteinander nach Maßstäben der Menschlichkeit zu gestalten."

26.01.2015
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am 26.1.2015 in der Berliner Urania bei einer Gedenkstunde zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz.
    Angela Merkel: Auschwitz ist für die Deutschen eine "immerwährende Verantwortung". (AFP / Tobias Schwarz)
    Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz haben am Montag zusammen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an die Befreiung des Lagers durch die sowjetischen Truppen vor 70 Jahren erinnert. Bei einer Gedenkstunde des Internationalen Auschwitz Komitees in Berlin sagte Merkel: "Wir dürfen nicht vergessen. Das sind wir den vielen Millionen Opfern schuldig." Derartige Verbrechen verjährten nicht. Auschwitz mahne die Menschen auch heute, nicht hasserfüllten Parolen gegen Menschen zu folgen, die in Deutschland ein neues Leben suchten.
    #Merkel: Es ist eine Schande, wenn Menschen in Deutschland angepöbelt und angegriffen werden, weil sie sich als Juden zu erkennen geben.— Steffen Seibert (@RegSprecher) January 26, 2015
    Merkel hat zudem die aktuelle Bedrohung von Juden in Deutschland als Schande und deren Schutz als Staatsaufgabe bezeichnet: "Nicht wenige Juden befürchten heute in unserem Land Beleidigungen oder gar Übergriffe - und das leider nicht ohne Grund." Es sei eine Schande, dass Menschen in Deutschland angepöbelt, bedroht oder angegriffen würden, wenn sie sich irgendwie als Juden zu erkennen geben, sagte die Regierungschefin. Dass Synagogen und jüdische Institutionen unter Polizeischutz stünden, laste wie ein Makel auf Deutschland.
    Antisemitismus die Stirn bieten
    Merkels demonstratives Bekenntnis zu den in Deutschland lebenden Juden ist auch eine Reaktion auf Äußerungen des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Dieser hatte nach den Anschlägen in Paris französische Juden dazu aufgerufen, nach Israel zu ziehen. Die Kanzlerin betonte, "Antisemitismus und jeder anderen Form von Menschenfeindlichkeit" müsse gerade in Deutschland von Anfang an die Stirn geboten werden. "Bei uns muss jeder, unabhängig von Religion oder Herkunft, frei und sicher leben können."
    Bei der Gedenkveranstaltung des Internationalen Auschwitz Komitee in der Berliner Urania sprachen auch die ehemaligen Häftlinge des Lagers Auschwitz-Birkenau, Eva Fahidi und Marian Turski. Turski verglich die Menschheitsgeschichte mit einem Staffellauf, jede Generation übernehme den Staffelstab von ihren Vorgängern. "Es bedeutet, dass wir Überlebenden euch unser Erbe, unseren Schatz an Erfahrungen übergeben. Gute und schlechte." Wenn heute jemand einen Juden, Bosnier, Türken, Israeli, Moslem oder Christen demütige, sei es so, als beginne Auschwitz von Neuem, mahnte der 88-Jährige in seiner Rede.
    Gedenkstunde im Bundestag
    Am 27. Januar 1945 hatte die Sowjetarmee die Überlebenden des nationalsozialistischen Vernichtungslagers befreit. In dem Lager wurden mehr als 1,1 Millionen Menschen ermordet, eine Million waren Juden. An diesem Dienstag erinnert der Bundestag in einer Gedenkstunde an die Befreiung des Lagers.
    (tzi/vic)