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Merkel in Afrika
"Wohl Afrikas liegt im deutschen Interesse"

Mit den vielen Flüchtlingen, die auch aus Afrika nach Deutschland kommen, ist der Kontinent wieder ins Interesse der Politik gerückt. Auf ihrer Afrika-Reise will Bundeskanzlerin Angela Merkel Partnerschaften mit einigen Ländern festigen. Die Bürger sollen unterstützt werden, damit sie keinen Grund mehr haben, nach Deutschland zu flüchten.

Von Stephan Detjen | 09.10.2016
    Bundeskanzlerin Angela Merkel und Malis Staatspräsident Ibrahim Boubacar Keita schreiten in Mali eine Militärformation ab.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel wird in Mali von Staatspräsident Ibrahim Boubacar Keita begrüßt. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Diese Reise ist nicht weniger als eine Neugründung der Deutschen Afrikapolitik. Nie zuvor ist ein deutscher Bundeskanzler mit einem ähnlichen Interesse auf diesen Kontinent gereist wie heute Angela Merkel. Nicht mehr allein als wohltätige Spenderin von Entwicklungshilfe oder zum symbolischen Besuch bei deutschen Friedenstruppen kommt Angela Merkel nach Afrika. Mit der Flucht und Migrationskrise sind die Probleme Afrikas auch zu ureigenen deutschen Problemen geworden.
    "Ich glaube, dass wir sehr viel stärker noch uns für die Geschicke Afrikas interessieren müssen", sagt Merkel vor der Abreise und fügt hinzu: "Das Wohl Afrika liegt im deutschen Interesse."
    Mali und Niger sind die ersten Ziele der Reise. Beide westafrikanische Länder sind zentrale Durchgangsstationen auf den Flucht- und Migrationsrouten Richtung Europa. Dreiviertel aller Menschen, die sich von der libyschen Küste aus auf die lebensgefährliche Passage über das Mittelmeer begeben, sind zuvor durch Niger gewandert. Städte Agadez am Rande der Sahelzone – die mit ihrer zum Weltkulturerbe erklärten Altstadt einst Globetrotter und Afrikatouristen anzogen – sind heute weitgehend von der Schleuserökonomie abhängig. Zugleich nimmt Niger auf dem Weltentwicklungsindex der Vereinten Nationen den letzten von 188 Plätzen ein. Die demografische Entwicklung in ganz Afrika lässt zugleich ahnen, wie sich der Armutsdruck bis nach Europa verstärken wird.
    "Es ist ein junger Kontinent, ein Kontinent mit einem großen Bevölkerungswachstum. Die Bevölkerung wird sich in den nächsten 35 Jahren verdoppeln, von 1,3 Milliarden Menschen auf 2,6 Milliarden und es liegt in unserem wohlverstandenen Interesse eine gute Entwicklung Afrikas zu begleiten, wenngleich die Länder natürlich einen eigenen Beitrag zu guter Regierungsführung leisten müssen."
    Partnerschaften mit Ländern sollen gestärkt werden
    Merkel will auf dieser Reise vor allem die sogenannten Migrationspartnerschaften zwischen den afrikanischen Ländern und der Europäischen Union festigen und ausbauen. Vor einem Jahr hatte die EU bei einem Gipfeltreffen mit 35 afrikaqnischen Staaten in Valetta Milliardenhilfen für Wirtschaft, Infrastrukur und Bildung in Aussicht gestellt. Im Gegenzug sollen die afrikanischen Länder ihren Grenzschutz verbessern und aus Europa zurückgeschickte Migranten aufnehmen. Europa wiederum hat zugesagt, Möglichkeiten zu legalen Einreise mit Visa für Arbeitskräfte zu erleichtern, den Austausch von Studenten und Hochschuldozenten zu verdoppeln und Geldüberweisungen aus der EU nach Afrika zu vereinfachen.
    Merkel bereitet mit ihrer jetzigen Reise zudem die deutsche Präsidentschaft in der G20-Gruppe vor, auf deren Agenda Afrika im kommenden Jahr einen Schwerpunkt bilden soll. Deutschland und Europa könnten die Probleme Afrikas nicht alleine lösen, sagte Merkel auch mit Blick auf humanitäre Hilfsleistungen:
    "Ähnlich wie wir es im Zusammenhang mit Syrien, Jordanien und Libanon hatten, sind auch hier leider in Afrika die Welternährungsprogramm-Titel unterfinanziert. Ich werde mir anschauen, mit wem wir gegebenenfalls kooperieren können, um hier noch zusätzliche Anstrengungen zu leisten."
    Neben den politischen Gesprächen stehen auch bei dieser Reise Begegnungen mit Bundeswehrsoldaten auf dem Programm der Kanzlerin. In Mali stellt Deutschland 550 Soldaten für den Friedenseinsatz der Vereinten Nationen sowie 130 Soldaten für eine Ausbildungsmission der EU. In der Hauptstadt von Niger, Niamey, sind zwei Transall Transportflugzeuge der Bundeswehr mit 40 Mann Besatzung stationiert.