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Merkel in Japan
Um Einigkeit bemüht

Fast auf den Tag genau vier Jahre nach dem Atomunglück von Fukushima besucht Angela Merkel Japan. Dass die deutsche Kanzlerin den Unglücksort dennoch nicht besucht, sorgt für Verwunderung. Ansonsten ist man bei dem Staatsbesuch um das Betonen gemeinsamer Positionen bemüht.

Jürgen Hanefeld | 09.03.2015
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schaut sich am 09.03.2015 im Museum für Zukunftsorientierte Wissenschaft und Innovation Miraikan in Tokio in Japan den Roboter Asimo neben Museumsdirektor Mamoru Mohri an.
    Handschlag mit einem Roboter: Bei ihrem knapp zweitägigen Besuch in Japan sprach Bundeskanzlerin Merkel nicht nur über Wissenschaft und Technik, sondern auch über die Ukraine-Krise, das Freihandelsabkommen und Atompolitik. (dpa / picture alliance / Michael Kappeler)
    Der Besuch der Kanzlerin dauert nur anderthalb Tage, und davon ist ein Drittel schon um. Nach der Landung am frühen Morgen japanischer Zeit - da war es in Deutschland gerade Mitternacht - besuchte Merkel ein Technologiemuseum, schüttelte einem Roboter die Hand und redete mit japanischen und deutschen Wissenschaftlern über Zusammenarbeit und Austausch.
    Ukraine hat das Recht auf vollständige Souveränität
    Dann folgte die mit Spannung erwartete Grundsatzrede zur Außenpolitik, in der die Kanzlerin Themen berührte, die auch unter dem Dach der G-7 diskutiert werden. Das Verhältnis zu Russland im Ukraine-Krieg zum Beispiel: "Durch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und die Unterstützung der Separatisten im Osten der Ukraine missachtet Russland die territoriale Integrität des Landes, obwohl es sich im Budapester Memorandum 1994 zu seinem Schutz eindeutig verpflichtet hat. Die Ukraine hat wie jeder andere Staat das Recht, in vollständiger Souveränität ihren eigenen Weg zu bestimmen. Und ich möchte mich bei der japanischen Regierung sehr bedanken, dass wir diese Position gemeinsam vertreten, genauso, wie wir gemeinsam als notwendige Antwort auch wirtschaftliche Sanktionen verhängt haben."
    Öffentliche Rede an einem Ort mit signalhafter Bedeutung
    Die einzige Rede vor japanischem Publikum fand an einem Ort mit signalhafter Bedeutung statt: in einem Gebäude des Asahi-Zeitungsverlages. Das liberale Blatt war kürzlich von Premierminister Abe im Parlament bezichtigt worden, den Ruf Japans schwer beschädigt zu haben. Hintergrund ist die Berichterstattung über sogenannte Trostfrauen im Zweiten Weltkrieg. Die japanische Armee betrieb damals ein ganzes Netz von Bordellen, in denen Frauen aus besetzten Nachbarländern wie Korea, China und den Philippinen systematisch zur Prostitution gezwungen wurden. Die japanische Regierung bestreitet das und versucht, die Zeitung einzuschüchtern. Dass die Kanzlerin ausgerechnet hier auftrat, könnte als Affront verstanden werden. In ihrer aber Rede spielten andere Themen eine Rolle, wie das angestrebte Freihandelsabkommen zum Beispiel:
    "Freihandelsabkommen zwischen Japan und EU schnell unterzeichnen"
    "Deshalb setze ich mich auch, wie die gesamte Bundesregierung, dafür ein, dass wir das Freihandelsabkommen zwischen Japan und der Europäischen Union jetzt schnell fertig verhandeln und dann auch unterzeichnen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass durch solche Abkommen jeweils der gegenseitige Handel gewonnen hat, gestiegen ist und gemeinsam daraus auch mehr Arbeitsplätze entstanden sind."
    Am hiesigen Nachmittag ist die Kanzlerin zu einer Audienz bei Kaiser Akihito geladen und besucht danach ein Museum mit wertvollen Buddha-Figuren. Dort trifft sie auf den japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe, der sie offiziell mit militärischen Ehren begrüßen wird. Dem Gespräch mit japanischen und deutschen Wirtschaftsvertretern - eine zehnköpfige Delegation der deutschen Wirtschaft, begleitet den Besuch - folgt das Abendessen mit dem japanischen Regierungschef.
    Kein Besuch in Fukushima - Vierter Jahrestag des Unglücks
    Nach außen hin ist man bemüht, große Einigkeit zu demonstrieren, auch dort, wo es keine gibt. Das gilt für die Klimapolitik und den Umgang mit der Atomkraft, an der Japans Regierung unbedingt festhalten will, aber auch für die Wirtschaftspolitik und die Frage der Kriegsschuld. Auf Verwunderung stößt die Tatsache, dass die deutsche Kanzlerin keine Zeit für einen Besuch in Fukushima mitgebracht hat. Die Explosion des Atomkraftwerks dort war der Anlass für Merkel, die Energiewende in Deutschland einzuleiten und sich von der Kernkraft allmählich zu verabschieden. Der Tag des Unglücks jährt sich jetzt, am Mittwoch, zum vierten Mal.