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Merkel in Tschechien
Kein einfacher Besuch

Bundeskanzlerin Angela Merkel führt heute Gespräche in Prag. Überschattet wird der Besuch von der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin mitsamt der Quotenregelung, die sie maßgeblich in Brüssel durchgesetzt hat. Tschechiens Präsident Milos Zeman hat bereits deutlich gesagt, was er davon hält.

Von Peter Lange | 25.08.2016
    Bundeskanzlerin Angela Merkel schaut bei einer Pressekonferenz in Estland kritisch
    Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Besuch in Estland (picture alliance / dpa / EPA / Valda Kalnina)
    Gleich, als der Besuchstermin bekannt wurde, titelte einer der Prager Zeitungen: Jetzt lernt die Bundeskanzlerin die tschechische Willkommenskultur kennen. Und eine Karikatur zeigte Angela Merkel mit einem Blumenstrauß auf einem Drahtseil balancierend.
    Es gibt sicher einfachere Besuche als den in der tschechischen Hauptstadt. Die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin mitsamt der Quotenregelung, die sie maßgeblich in Brüssel durchgesetzt hat – sie überschattet inzwischen alle Gemeinsamkeiten und Fortschritte, die es in den vergangenen Jahren gegeben hat. Willkommenskultur ist hier ein Unwort. Und Milos Zeman, der Präsident, der sie heute Abend empfängt, hat erst vor kurzem Angela Merkel ins Stammbuch geschrieben, was er davon hält: "Ich denke, die Frau Bundeskanzlerin sollte anerkennen, dass ihre Willkommenskultur unsinnig war."
    Ministerpräsident Sobotka betont Übereinstimmungen
    Etwas konzilianter ist da schon ihr erster Gesprächspartner Bohuslav Sobotka, der Ministerpräsident. Weil in der Flüchtlingspolitik momentan nichts geht, hebt er die Felder hervor, bei denen man übereinstimmt. Die EU soll reformiert werden, aber ohne die Verträge anzutasten. Und die Europäische Sicherheitspolitik soll ausgebaut werden – etwa bei der Terrorismus-Bekämpfung und beim Grenzschutz:"Die Erfahrungen der letzten Migrationswelle haben gezeigt, wie wichtig die Außengrenzen der EU sind. Auch Staaten im Zentrum der EU sind von unkontrollierten Wanderungen betroffen."
    Aber auch Sobotka hat gerade erst klargestellt: Eine große muslimische Gemeinschaft, mit all den Schwierigkeiten, die man ja in Deutschland sehe, die wolle man hier nicht haben.
    Merkel-Kritiker in der Mehrheit
    Die Popularität der Kanzlerin ist wegen ihrer Flüchtlingspolitik drastisch gefallen. Das zeigt sich auch an den Demonstrationen, die für heute angemeldet sind. Neun Kundgebungen sollen es werden, keine davon allzu groß, aber die Merkel-Kritiker sind wohl in der Mehrheit.
    Nur einer läßt sich davon nicht beirren: Professor Rudolf Zahradnik, inzwischen 86 Jahre alt und immer noch sehr rüstig. Bei ihm hat Angela Merkel einst als promovierte Physikerin eine Weile gearbeitet. Er freut sich aufrichtig über ihren Besuch in Prag. "Ich bin ein ständiger, ziemlich kritischer Zuhörer. Angela ist ein lieber Mensch. Sie hat sich nicht geändert. Sie ist immer dieselbe geblieben. Sie kann zu uns kommen zwischen Frühstück und Abendbrot, kein Problem.
    Dazu wird es diesmal wohl nicht kommen. Denn nach dem Gespräch mit Präsident Zeman gibt es noch ein gemeinsames Abendessen beim Ministerpräsidenten, und dann fliegt die Kanzlerin nach Berlin zurück.