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Merkel-Kandidatur
"Alternativlos" ins Kanzleramt

"Angela Merkel macht's" – so lauteten viele Schlagzeilen der letzten Tage. Parteikollegen freuen sich und loben die politische Kontinuität. Aber der Sieg der Kanzlerin ist nicht sicher. Und auch Merkel selbst stellt sich auf den härtesten Wahlkampf ihrer Karriere ein.

Moderation: Stephan Detjen | 23.11.2016
    Bundeskanzlerin Angela Merkel.
    Welche außenpolitischen Folgen hätte eine vierte Amtszeit? (dpa/picture-alliance/Kay Nietfeld)
    Richtig überrascht war niemand, als Angela Merkel bekanntgab, wieder als CDU-Spitzenkandidatin anzutreten und zum vierten Mal ins Kanzleramt einziehen zu wollen. Dennoch fiel Merkel die Entscheidung nicht leicht, vermutet Kristina Dunz von der Nachrichtenagentur DPA.
    "Ich glaube, Merkel hat bis zum Sommer erwogen, nein zu sagen. Dann kippte das, es gab die Anschläge in Ansbach und Würzburg und in dem Moment kann man nicht gehen. Sie wäre immer die ganz große Verliererin gewesen."
    Damit seien der Druck und die Erwartungen gestiegen, meint Dunz. Dennoch glaubt sie nicht, dass ein Sieg bei der Bundestagswahl sicher ist.
    Die "unpolitische Art" der Merkel-Ära
    Die Beliebtheitswerte der Kanzlerin hängen von aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland und der Welt ab, sagt Christian Freudlsperger. Für den jungen Politikwissenschaftler vom Think-Tank Polis180 ist klar:
    "Die Euro-Krise ist noch nicht ausgestanden und kann uns immer wieder einholen. In vielen verschiedenen Ländern um Deutschland herum stehen in den nächsten Monaten große Weichenstellungen an: die Präsidentschaftswahl in Österreich, das Verfassungsreferendum in Italien, die Parlamentswahl in den Niederlanden und die Präsidentschaftswahl in Frankreich."
    Johanna Roth sieht Merkels Ankündigung, noch mal zu kandidieren, skeptisch. Zwar begrüßt die 1989 geborene Redakteurin der "tageszeitung" Merkels Flüchtlingspolitik, sie kritisiert aber die vermeintlich "unpolitische Art" der Merkel-Ära und würde nicht für die Kanzlerin stimmen.
    "Ich wähle immer noch die Partei dahinter. Man darf nicht vergessen, dass sie noch der CDU angehört und dass sie davor schon einige Jahre regiert hat. Da kam nicht wirklich viel rum, gerade für junge Leute. "
    Dennoch sieht Roth nicht viele personelle Alternativen zu Merkel.
    Die SPD hat noch keinen eigenen Kandidaten
    Ungeklärt ist bisher auch, was Merkels Ankündigung für den Zeitplan der SPD bedeutet. Die Sozialdemokraten haben sich bisher noch nicht zu ihrem Kanzlerkandidaten geäußert. Majid Sattar, Berlin-Korrespondent der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", vermutet dahinter vor allem taktische und strategische Gründe.
    "Sigmar Gabriel will die Kandidatenfrage momentan noch nicht beantworten. Der Angriff auf Merkel erfolgt erst dann, wenn die SPD mit der Kandidatenfrage den Wahlkampf eröffnet, das ist die taktische Dimension. Der strategische Grund ist, dass ein Großteil der SPD-Anhängerschaft die Kanzlerin schätzt. Es ist für die SPD nicht klug, sich im Wahlkampf auf Angela Merkel einzuschießen. Man muss die CDU und die hinter Merkel stehende Partei angreifen."
    Es diskutierten:
    • Kristina Dunz, Korrespondentin, Deutsche Presse Agentur
    • Christian Freudlsperger, Politikwissenschaftler, Think-Tank Polis180
    • Johanna Roth, Redakteurin, die tageszeitung
    • Majid Sattar, Berlin-Korrespondent, Frankfurter Allgemeine Zeitung