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Merkels Treffen mit tunesischem Ministerpräsidenten
Tunesier sollen zurück in ihr Land - ob freiwillig oder nicht

Die Bundesregierung will, dass mehr ausreisepflichtige Tunesier in ihre Heimat zurückkehren - am liebsten auf freiwilliger Basis. Dabei sollen unter anderem finanzielle Anreize helfen. Die umstrittenen Auffanglager scheinen vorerst vom Tisch zu sein.

14.02.2017
    Bundeskanzlerin Angela Merkel und der tunesische Ministerpräsident Youssef Chahed bei ihrer Pressekonferenz am 14.2.2017 in Berlin.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel und der tunesische Ministerpräsident Youssef Chahed (AFP/ Steffi Loos)
    Die Ausreise funktioniere besser, "wenn wir es freiwillig machen können", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Treffen mit dem tunesischen Ministerpräsidenten Youssef Chahed. Dazu solle etwa ein Beratungszentrum in Tunesien errichtet werden. Denkbare Anreize seien zudem Bildungsangebote und Hilfen bei Unternehmensgründungen.
    Über entsprechende Details werde nun auf Fachministerebene beraten. Merkel kündigte einen Tunesien-Besuch noch in diesem Frühjahr an.
    Wer sich jedoch auf die freiwillige Rückkehr nicht einlasse, "dem müssen wir sagen, dann müssen wir es eben auch unfreiwillig tun", sagte die Kanzlerin. Darüber spreche man auch mit der tunesischen Regierung - und man müsse schneller werden. 1.500 ausreisepflichtige Tunesier leben Merkels Angaben entsprechend derzeit in Deutschland, vergangenes Jahr seien 116 tunesische Staatsbürger ausgereist. Die bisherige Rückführung abgelehnter Tunesier laufe "nicht schnell genug", kritisierte sie.
    "Auffanglager" waren kein Thema
    Tunesiens Ministerpräsident Youssef Chahed sicherte die Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu, betonte aber auch, vor einer Rückführung müsse die Identität der Betroffenen zweifelsfrei feststehen. Außerdem sagte er, über sogenannte Auffanglager in Tunesien habe man nicht gesprochen. Auf eine Nachfrage zu den Lagern sagte Merkel, dass dieses Wort "eh nicht Teil" ihres Sprachschatzes sei. Merkel hatte noch am Wochenende angekündigt, mögliche Zentren für Flüchtlinge in Tunesien, die sich auf den Weg übers Mittelmeer nach Europa machen wollen, mit der tunesischen Regierung zu besprechen. Chahed hatte dieser Idee jedoch in Interviews vor seinem Treffen mit der Kanzlerin eine Absage erteilt.
    Im Anschluss an das Treffen besuchten Merkel und Chahed den Ort des Terroranschlags vom 19. Dezember am Berliner Breitscheidplatz. Der aus Tunesien stammende Islamist Anis Amri war mit einem Lastwagen durch den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gerast und hatte insgesamt zwölf Menschen getötet und etwa 50 zum Teil schwer verletzt. Amri war ausreisepflichtig, konnte aber wegen fehlender Papiere nicht nach Tunesien abgeschoben werden.
    (vic/cvo)