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Mesut Özil
Erster Deutsch-Türke bei der WM

"Ich habe in meinem Leben mehr Zeit in Spanien als in der Türkei verbracht – bin ich dann ein deutsch-türkischer Spanier oder ein spanischer Deutsch-Türke?" fragt Mesut Özil, der 2010 als erster türkischstämmiger Fußballer für Deutschland zur WM fuhr und mächtig Eindruck hinterließ.

Von Matthias Friebe | 20.03.2018
    WM 2010, Ghana - Deutschland, Jubel nach dem 1:0 durch Mesut Özil
    WM 2010, Ghana - Deutschland, Jubel nach dem 1:0 durch Mesut Özil (Ronald Wittek/dpa)
    "Meine Großeltern waren Zechenarbeiter in Zonguldak, einer Stadt an der türkischen Schwarzmeerküste, allerdings für ganz wenig Geld und auch nur, wenn es Bedarf gab. Jobs waren rar. Als Deutschland nach Gastarbeitern rief, folgten auch meine Großeltern dem Lockruf eines besseren Lebens", schreibt Mesut Özil. Seine Großeltern machen sich auf den Weg nach Deutschland. In den 60er Jahren gehören sie zur sogenannten dritten Generation von Gastarbeitern.
    Fußball war schon von Anfang an ein integrierendes Element, nicht zuletzt im fußballverrückten Ruhrgebiet, in dem besonders viele Gastarbeiter so wie auch Özils Familie eine neue Heimat gefunden hatten.
    Erster Türkischsstämmiger bei einer WM für Deutschland
    Fast exakt 50 Jahre nachdem seine Großeltern nach Gelsenkirchen kamen, gelingt Mesut Özil Historisches. Er ist der erste türkischstämmige Fußballer, der für die deutsche Fußballnationalmannschaft bei einer Weltmeisterschaft spielt, 2010 in Südafrika.
    Es ist das entscheidende Vorrundenspiel der WM gegen Ghana. Lange steht es 0:0, Deutschland braucht den Sieg fürs Achtelfinale. Das Spiel wird der endgültige Durchbruch für Mesut Özil. Sein Schuss zum entscheidenden 1:0 bringt Deutschland ins Achtelfinale.
    Mesut Özils Trikot aus dem Spiel Deutschland - Argentinien bei der WM 2010 - im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund
    Mesut Özils Trikot aus dem Spiel Deutschland - Argentinien bei der WM 2010 (firo Sportphoto)
    Deutschland wird am Ende WM-Dritter, besonders die Viertelfinal-Gala gegen Argentinien um Lionel Messi ist vielen in Erinnerung. Auch der türkische Verband buhlte um Supertalent Özil, 2009 aber fiel mit der Nominierung Özils für das WM-Qualifikationsspiel gegen Aserbaidschan die Entscheidung für Deutschland.
    "Also für mich war das von Anfang klar, dass ich für Deutschland spielen will. Aber ich kann mich ja nicht selber einladen und deswegen freue ich mich jetzt, dass ich nominiert worden bin und bin sehr glücklich darüber", sagte Özil.
    2013 teuerster deutscher Fußballer aller Zeiten
    Mesut Özil wächst in Gelsenkirchen auf, beginnt bei Westfalia 04 mit dem Fußballspielen und wird dann als Jugendlicher vom FC Schalke entdeckt. Dort erkennt man zwar sein großes Talent, den fußballerischen Durchbruch erlebt er dann aber bei Werder Bremen, ehe er nach der WM in Südafrika weiter zu Real Madrid zieht.
    Bei seinem Wechsel 2013 nach London zum FC Arsenal wird er zum teuersten deutschen Fußballer aller Zeiten. Und obwohl er für viele ein Vorbild und Star ist, sieht er sich immer wieder Anfeindungen auseinandergesetzt, nicht zuletzt von rechts. Immer wieder muss er in seiner Karriere die Frage nach der Identität beantworten.
    "Ich will als Fußballer gemessen werden."
    Seine Antwort: "Ich habe in meinem Leben mehr Zeit in Spanien als in der Türkei verbracht – bin ich dann ein deutsch-türkischer Spanier oder ein spanischer Deutsch-Türke? Warum denken wir immer so in Grenzen? Ich will als Fußballer gemessen werden – und Fußball ist international, das hat nichts mit den Wurzeln der Familie zu tun."
    Für Sätze wie diesen und für das historische Moment der erste türkischstämmige Nationalspieler bei einer WM zu sein, erhält Mesut Özil 2011 den Bambi in der Kategorie Integration:
    "Durch Integration entsteht etwas Neues, eine buntere Republik Deutschland. Danke schön, tesekkürler, gracias und thank you."