Dienstag, 19. März 2024

Archiv


Metallindustrie vor Warnstreiks

Vor dem 1. Mai sind die Fronten in der Metall- und Elektroindustrie verhärtet. Die eigentlichen Warnstreiks, mit der die IG Metall die Arbeitgeber zu einem verbesserten Angebot bringen will, stehen erst noch bevor. Wegen des Brückentags zwischen Wochenende und Feiertag, gab es nur vereinzelte Aktionen. Große Autohersteller werden erst ab Mittwoch in Visier genommen.

Von Felix Lincke | 30.04.2012
    Das Argument, dass es anderen Arbeitgebern schlechter geht, wie in der Solarindustrie, will Gewerkschaftschef Bertold Huber nicht gelten lassen:

    "Schauen Sie, wir haben die Situation bei Daimler, bei VW, die extraordinär verdienen. Im Großen und Ganzen geht es der Metall- und Elektroindustrie sehr gut."

    Das Angebot von drei Prozent mehr Lohn mit einer Laufzeit von 14 Monaten hält Huber für nicht verhandelbar, unterm Strich wären das ja nur 2,75 Prozent. Außerdem lehnte die Arbeitgebervereinigung von Gesamtmetall alle übrigen Forderungen der Gewerkschaft ab. Da wäre zum einen die unbefristete Übernahme aller Auszubildenden in ein festes Arbeitsverhältnis:

    "Die Arbeitgeber wollen das gar nicht. Sie wollen weiter die jungen Leute nur befristet übernehmen. Ich denken, angesichts der Klage des Fachkräftemangels wird es Zeit, dass man den jungen Leuten ein Stück Zukunftssicherheit und Zukunftsoptimismus gibt. Deshalb fordern wir im Grundsatz die unbefristete Übernahme."

    Der dickste Brocken bei den anstehenden Verhandlungen ist eine Begrenzung der Leiharbeit, welche die Arbeitgeber lieber noch ausweiten würden. Hier hat die IG Metall sich viel vorgenommen und will erneut für andere Branchen der Vorreiter sein mit dem fortschrittlichsten Tarifvertrag. Ein Branchenzuschlag soll dafür sorgen, dass Zeitarbeiter in der Metall- und Elektroindustrie mehr verdienen. Thomas Bäumer, der Verhandlungsführer der Zeitarbeitsfirmen, hat grundsätzlich nichts dagegen und führt als Beispiel BMW an:

    "Bei BMW gibt es eigentlich aus meiner Sicht überhaupt keine Probleme. Da haben die Mitarbeiter durch die Betriebsvereinbarung ab dem ersten Tag Equal Pay. Ob das jetzt eine Quote ist von 20 Prozent, 30 Prozent oder 40 Prozent, spielt am Ende des Tages keine Rolle. Zumindest ist es in Bayern so."

    Gerade das Leipziger BMW-Werk wird aber von der IG-Metall kritisiert, hier handele es sich eben nicht mehr um Arbeit auf Zeit mit Leiharbeitern, sondern um einen Dauerzustand, sagt Kai Ohl, der beim IG-Metall-Vorstand den Betriebsbereich für Tarifpolitik leitet. Ohl sieht auch den Gesetzgeber gefordert:

    "Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ist jüngst geändert worden. Dort steht heute drin, dass Leiharbeit nur als vorübergehendes Instrument genutzt werden kann. Die Praxis ist eine andere. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ist in vielen Punkten unzulässig. Das betrifft die Einsatzdauer wie die Höhe der Entgelte. Es muss dringend reformiert werden."

    Politische Reformen stellt sich auch DGB-Chef Michael Sommer vor: Die Regierungen der Euroländer fordert Sommer auf, ihre Sparpolitik zu beenden und stattdessen ein europäisches Wachstumsprogramm für mehr Beschäftigung aufzulegen. Die aktuelle Politik, die nur auf eine Begrenzung der Staatsdefizite aus sei, werde Europa nicht aus der Krise führen. Die Gewerkschaften können sich bei dieser Forderung auf den jüngsten Weltarbeitsbericht der Internationalen Arbeitsorganisation ILO stützen: Ein Kurswechsel sei überfällig, heißt es darin. Der Bericht bezieht sich damit zwar eher auf die Eurokrisenländer, aber - so DGB-Chef Sommer, - auch in Deutschland hielten sich Millionen Menschen mit Minijobs, Leiharbeit, Fristverträgen oder als Scheinselbstständige über Wasser.