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Metalltarife
Abschluss mit Signalcharakter

3,4 Prozent mehr Lohn: Der Abschluss in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg dürfte auch in anderern Tarifgebieten übernommen werden. Und nicht nur das: Auch auf andere Branchen könnte er Auswirkungen haben - in der Chemie und im Öffentlichen Dienst wird verhandelt.

Von Michael Braun | 24.02.2015
    Ein Metall-Gießer entnimmt dem Kessel mit flüssigem Eisen eine Probe.
    Auch die Metall-Gießer erhalten mehr Lohn (Patrick Pleul, dpa picture-alliance)
    Die Nachtarbeit von Böblingen soll ausstrahlen in die ganze deutsche Metall- und Elektroindustrie. 3,4 Prozent mehr Lohn plus Altersteilzeit plus Zusicherungen auch bei der Bildungsteilzeit – das will die IG Metall nicht nur für Baden-Württemberg erreicht haben.
    "Wir gehen davon aus, dass wir unser Tarifergebnis, das wir in Baden-Württemberg erzielt haben, natürlich in allen anderen Tarifgebieten auf Punkt und Komma übernommen wird."
    So der Gewerkschaftsvorsitzende Detlef Wetzel heute im Deutschlandfunk. Dass die Arbeitskosten steigen, gab er zu. Aber das werde die überwiegend gut laufende Metall- und Elektroindustrie verkraften. Es gebe ja auch hohe Produktivitätszuwächse. Dass die Arbeitnehmer mehr Geld in die Hand bekommen, sei gesamtwirtschaftlich sogar ein Vorteil:
    "Wir stützen die Konjunktur, indem wir eine sehr deutliche Reallohnsteigerung durchgesetzt haben bei der niedrigen Inflationsrate. Das tut uns allen sehr, sehr gut und wird die Arbeitsplätze sichern und nicht gefährden."
    Abschluss in stolzer Tradition
    3,4 Prozent mehr Lohn bei einer Inflationsrate von minus 0,4 Prozent im Januar sind in der Tat ein stolzer Reallohnzuwachs von 3,8 Prozent. Die IG Metall hat schon mal wesentlich mehr erreicht, etwa die 11,6 Prozent Lohnzuwachs im Jahr 1974. Bei einer Inflationsrate von damals 6,9 Prozent war der Reallohnzuwachs aber gar nicht so dramatisch, nur ein Prozentpunkt mehr als jetzt. So gesehen steht der aktuelle Abschluss in stolzer Tradition. Die ist aber auch geprägt von sehr moderaten Tarifvereinbarungen, etwa dem für 23 Monate laufenden Vertrag der Jahre 2010 bis 2012. Da hatte die Gewerkschaft durchaus Rücksicht auf die vorangegangenen Krisenjahre genommen.
    Elektroindustrie auf die Tarifverhandlungen auch in anderen Branchen haben wird, kann man heute schon in der Chemieindustrie beobachten: Da verhandeln die Tarifpartner seit 13 Uhr in Kassel – nach regionalen Gesprächen zum ersten Mal auf Bundesebene. Für Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Hans-Carsten Hansen, ist klar:
    "Es ist ein geringer Verteilungsspielraum in unserer Branche nur da, und das wird der Abschluss auch reflektieren müssen. Unser Abschluss wird nicht der der Metallindustrie sein."
    Vier bis fünf Prozent mehr Entgelt für die 550.000 Beschäftigten der Branche fordert die Chemiegewerkschaft IG BCE bei einer Laufzeit von zwölf Monaten, aber nicht nur das: Sie möchte auch den 2008 gegründeten Demografiefonds weiterentwickeln. Dagegen sperren sich die Arbeitgeber noch.
    Öffentlicher Dienst: Schwierige Verhandlungen
    Schwierige Gespräche stehen auch im Öffentlichen Dienst bevor: Da startet die zweite Verhandlungsrunde an diesem Donnerstag. Die Entgelte sollen um 5,5 Prozent erhöht werden, wünscht sich die Gewerkschaft Verdi, aber die Länder verweisen auf die Schuldenbremse und möchten die Altersvorsorge neu regeln. Das mache die Verhandlungen schwierig, meint Verdi-Sprecher Christoph Schmitz:
    "Die Länder machen die Tarifrunde insofern so kompliziert, als sie zur Voraussetzung für eine Tariferhöhung Einschnitte bei der betrieblichen Altersversorgung fordern. Das hat mit der Tarifrunde eigentlich überhaupt nichts zu tun, ist auch nicht gerechtfertigt. Mit dieser Vorbedingung der Länder wird die Tarifrunde sehr schwierig und wird sicherlich auch Einfluss auf das Tarifergebnis haben. "
    Auch hier dürfte am Ende dann wohl weniger als die 3,4 Prozent aus dem Metall-Abschluss stehen.