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#MeToo und die Klassikbranche
Missbrauch an Musikhochschulen?

Das Thema sexuelle Übergriffe hat die Welt des klassischen Musikbetriebs längst erreicht. Berühmte Dirigenten sehen sich massiven Vorwürfen ausgesetzt. Die deutschen Musikhochschulen waren schon vor diesen Skandalen sensibilisiert und haben versucht, vorzubeugen. Mit welchem Erfolg?

Von Dagmar Penzlin | 29.01.2019
    Eine junge Frau hält ein Smartphone mit dem Hashtag "#MeToo" in der Hand
    Unter dem Hashtag #MeToo wenden sich Frauen und Männer gegen sexuelle Belästigung (picture alliance / dpa / Britta Pedersen)
    Unter dem Hashtag #MeToo berichten seit Oktober 2017 vor allem Frauen über ihre Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch. Die Debatte ging von der US-amerikanischen Filmbranche aus. Aber auch Dirigenten wie James Levine, Daniele Gatti und Gustav Kuhn werden sexuelle Übergriffe vorgeworfen und wurden ihrer Ämter enthoben oder lassen sie ruhen; sie weisen die Anschuldigungen zurück, gehen gerichtlich gegen sie vor oder prüfen die Einleitung rechtlicher Schritte.
    Die deutschen Musikhochschulen hatten sich schon früher dem Problem gestellt, weil in der besonderen Situation im musikalischen Einzelunterricht die Machtposition des Hauptfachlehrers sehr groß ist und Nähe und Distanz austariert werden müssen.
    Gesangslehrer Martin Hundelt und seine Studentin, die Sopranistin Frederike Jancke, stehen einander gegenüber im Unterricht an der Musikhochschule Lübeck.
    Ein Vertrauensverhältnis: Gesangslehrer Martin Hundelt und seine Studentin, die Sopranistin Frederike Jancke, im Unterricht an der Musikhochschule Lübeck (Dagmar Penzlin)
    Hinzu kommt: Der ehemalige Präsident der Musikhochschule München, Siegfried Mauser, stand bereits 2016 erstmals wegen sexueller Nötigung vor Gericht; weitere Gerichtsverfahren und Urteile, zumindest aber auch ein Freispruch, folgten, andere Verfahren befinden sich in Revision. Die Rektorenkonferenz der deutschen Musikhochschulen hat im Mai 2016 Handlungsempfehlungen zum Thema "sexualisierte Diskriminierung" gegeben, die Vorbeugemechanismen und einheitliche Qualitätsstandards etablieren sollen. Dazu gehören etwa Schulungen, um Grenzüberschreitungen zu verhindern. Was hat sich seitdem getan? Wo stehen die Musikhochschulen in diesem Prozess? Unsere Autorin hat sich bundesweit umgesehen und umgehört.