Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Rohstoff der E-Mobilität
Lithium-Abbau im Erzgebirge unter neuer Regie

Elektroautos brauchen leistungsstarke Batterien. Und leistungsstarke Batterien brauchen Lithium. Im Erzgebirge schlummert dieser Rohstoff in großen Mengen in der Erde. Eine kanadische Firma will das Leichtmetall nun abbauen.

Von Mathias von Lieben | 15.02.2018
    "So, also es geht los: Glück auf!"
    Einmal Kumpel sein: In Zinnwald im Osterzgebirge ist das möglich. Tief unter der Erde können Besucher hier das alte Erz-Bergwerk besichtigen. Was viele von ihnen nicht wissen: Im Gestein schlummern knapp 100.000 Tonnen Lithium, ein helles und sehr weiches Leichtmetall. Daraus wird Lithiumcarbonat gewonnen, wichtigster Bestandteil moderner Speichertechnologien. Lithium-Ionen-Batterien sind nicht nur in Smartphones und Tablets verbaut, sondern auch in Elektroautos – ein Zukunftsmarkt.
    "Wir gehen von einer Verdopplung des Lithiumbedarfs in den kommenden fünf Jahren aus", sagt Armin Müller, Geschäftsführer der Deutschen Lithium GmbH, die zu 50 Prozent dem kanadischen Bergbauunternehmen Bacanora Minerals gehört. Die restlichen 50 Prozent liegen noch beim deutschen Solarzellenhersteller Solarworld, der im Mai 2017 in die Insolvenz ging.
    Der kommerzielle Abbau soll 2019 beginnen
    Armin Müller hat mit seiner Firma für die nächsten 30 Jahre die Abbaulizenz für das Lithium im Erzgebirge erhalten. Bis Ende des Jahres sollen die Probebohrungen beendet sein und eine Machbarkeitsstudie vorliegen. Läuft alles glatt, kann 2019 der kommerzielle Abbau beginnen. Dann will Müller sich am Markt etablieren.
    Einfach wird das nicht. Michael Schmidt, Rohstoffexperte bei der Deutschen Rohstoffagentur, erklärt warum:
    "Chile und Australien dominieren den Lithiummarkt und machen zusammen etwa 80 Prozent der Förderung in der Summe aus. Das Projekt in Zinnwald muss sich mit diesen Standorten messen."
    Gefördert wird Lithium mit zwei Methoden. In Australien und Zinnwald mit klassischem Unter-Tage-Abbau: Brechen, Mahlen, Waschen, Filtern. Der einzige Unterschied: In Australien lagern fast 1,5 Millionen Tonnen Lithium, 15 Mal mehr als in Zinnwald. Riesige Lagerstätten sind schon vorhanden – zahlungskräftige Investoren aus China auch.
    In Südamerika wird Lithium über Salzseen gefördert – zum Beispiel in der chilenischen Atacama-Wüste. Salzhaltiges Wasser wird dort aus dem Boden in große Becken gepumpt, in denen es verdunsten kann. Daraus wird dann Lithium extrahiert. Ein sehr günstiges Verfahren, sagt Rohstoffexperte Michael Schmidt.
    "Chile ist das Nummer-eins-Produktionsland mit den niedrigsten Produktionskosten bei ungefähr zwischen 2000 und 2500 US-Dollar pro Tonne Lithiumcarbonat. Und das zweitgrößte Land, das sind die Australier, das ist der traditionelle Bergbau. Wenn man das runterrechnet, dann liegt man da so bei 3500 bis 4000 US-Dollar die Tonne."
    Die Rede ist vom "weißen Gold"
    Was der Abbau im Erzgebirge kosten würde, das will Armin Müller von der Deutschen Lithium GmbH nicht verraten. Er weiß um die große Konkurrenz – und den Kostendruck. Der Marktpreis von Lithiumcarbonat hat sich im vergangenen Jahr von 6500 Dollar auf über 15.000 Dollar pro Tonne verteuert. Vom "weißen Gold" ist schon die Rede. Um sein Lithium attraktiver zu machen, will Müller die Wertschöpfungskette nach dem Abbau regional verankern. Lithium "made in Germany" – so sollen potenzielle Abnehmer überzeugt werden.
    Bei dem Hype um Lithium werde eines allerdings oft vergessen, sagt das Berliner Öko-Institut: die Folgen für die Umwelt, zum Beispiel durch saures Grubenwasser. Auch in Zinnwald?
    "Ein klares, eindeutiges Nein, weil wir unter Tage abbauen werden. Das heißt, Sie werden über Tage kaum etwas von dem Bergwerk sehen. Auch für die Verbringung des Wassers aus dem Bergwerk benutzen wir vorhandene Infrastruktur, sodass wir auch da keine zusätzliche Belastung für die Umwelt generieren."
    Hoher Energiebedarf bei der Förderung
    Das Öko-Institut kritisiert auch den hohen Energiebedarf beim Abbau. Dieser Kritik schließt sich Michael Schmidt von der Deutschen Rohstoff-Agentur an:
    "Den CO2-Footprint der Batterie-Rohstoffe muss man auch betrachten. Und zwar von der Förderung der Rohstoffe - zu Batterie-Vorprodukten, um in einer Batterie zu landen. Der Gesamtabdruck des Produktes Lithium-Ionen-Batterie müsste betrachtet werden, von Bergwerksförderung über die Zwischenschritte ins finale Werkzeug."
    Hinzu kommt: Batteriepacks in Elektro-Autos wiegen bis zu 600 Kilogramm. Bei einer durchschnittlichen Akku-Lebensdauer von acht bis zehn Jahren entstehen Unmengen an Batterie-Müll. Chemische Recycling-Verfahren gibt es zwar schon, lukrativ sind die noch nicht.
    Die Stimmung von Armin Müller trübt das nicht. Er will das Lithium aus dem Erzgebirge so schnell wie möglich zu "weißem Gold" machen.