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Microsoft
Der Countdown für die Zukunft hat begonnen

Mit Windows 10 geht Microsoft neue Wege. Mindestens ein Jahr lang soll es das Betriebssystem als Update kostenlos geben. Verordnet hat dies Microsoft-Chef Satya Nadella, der die Zukunft eher in Cloud-Diensten und im Mobilgeschäft sieht. Fragt sich nur, ob es für diesen Strategiewechsel nicht schon zu spät ist.

Von Wolfgang Stuflesser | 29.07.2015
    Das Microsoft Firmenlogo vor der Deutschlandzentrale des Unternehmens.
    Das Microsoft Firmenlogo vor der Deutschlandzentrale des Unternehmens. (Imago / Sven Simon)
    Es war ein Lob aus unerwartetem Mund: Als die ewigen Konkurrenten Bill Gates und Steve Jobs, Gründer von Microsoft und Apple, 2007 bei der Technik-Konferenz D5 gemeinsam auf der Bühne saßen, wurde Steve Jobs gefragt, was Gates wichtigster Beitrag für die Computerindustrie sei. Jobs musste nicht lange nachdenken. Bill habe die erste Softwarefirma gegründet, sagte Jobs, und das, bevor irgendjemand sonst wusste, was das überhaupt war.
    Schon der Name "Microsoft" spiegelt diesen Ansatz: Gates war 19, als er die Firma 1975 gemeinsam mit einem Schulfreund gründete. Bill Gates stammt aus einer angesehenen Familie in Seattle, und seine Mutter kannte den damaligen IBM-Chef. Microsoft bekam den Auftrag, ein Betriebssystem für den ersten IBM-PC zu liefern. Bill-Gates-Biograf James Wallace: "Als kluger Geschäftsmann wusste er, woher er ein Betriebssystem bekommen konnte und kaufte es einfach für 50.000 Dollar ein. Als IBM dann aber Microsoft das System abkaufen wollte, traf Gates eine brillante Entscheidung: Microsoft weigerte sich, die Rechte abzutreten."
    Stattdessen liefert Microsoft das Betriebssystem, DOS genannt, nicht nur an IBM, sondern auch an verschiedene andere Gerätehersteller, die für jeden einzelnen Rechner Lizenzgebühren zahlten. Als der PC vom Nischenprodukt zum Alltagsgegenstand wurde, machten diese Gebühren Gates reich. 1983 folgte die Textverarbeitung Word, 1985 die grafische Oberfläche Windows.
    Mit Windows 95 ist Microsoft in den 90er-Jahren so erfolgreich, dass Vorwürfe laut werden, die Firma missbrauche ihre Vormachtstellung. Nach langwierigen Verfahren des amerikanischen Justizministeriums und auch der EU gegen Microsoft gibt Bill Gates die Firmenleitung 2008 an seinen Freund Steve Ballmer ab. Ballmer, im Gegensatz zum eher schüchternen Gates ein bulliger Vertretertyp, fällt weniger durch kluge strategische Entscheidungen auf, als durch großspurige Liebesbekenntnisse an seine Firma: "I love this company."
    Mit stolzgeschwellter Brust verschläft Microsoft den Megatrend Internet - bis heute versucht Microsofts Suchmaschine Bing, dem Platzhirschen Google Marktanteile abzunehmen. Und auch dem iPhone von Apple hat Microsoft zunächst nur wenig entgegenzusetzen. Während Apple riesige Gewinne einfährt und Googles Android-System heute auf vier von fünf Smartphones läuft, haben Windows-Telefone nur einen geschätzten Marktanteil unter von fünf Prozent. Steuert Microsoft also auf den Niedergang zu?
    Noch nicht, sagt Satya Nadella. Er hat voriges Jahr die Leitung des Konzerns übernommen und verweist auf die 1,5 Milliarden Menschen in aller Welt, die Windows nutzen - und sei es, weil der Arbeitgeber das so entschieden hat. Nadellas Ziel: Die Leute sollen Windows nicht einfach nur verwenden, weil sie es brauchen, sondern sich bewusst dafür entscheiden und es lieben.
    Microsoft, die dominierende Firma der PC-Branche, versucht Anschluss zu finden in einer Welt, in der PCs zunehmend von Smartphones, Tablets und Server-Diensten in der Cloud ersetzt werden. Für Windows 10 hat Satya Nadella ein Ziel ausgegeben: in zwei bis drei Jahren soll es auf eine Milliarde Geräten laufen. Der Countdown für Microsofts Zukunft beginnt heute.