Dienstag, 19. März 2024

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Mikroorganismen in Haushaltsgeräten
Mikrobiologe: Kaum eine Waschmaschine ohne Keime

Die Gefahr, sich aufgrund schlecht gereinigter Wäsche eine Erkrankung zuzuziehen, betreffe hauptsächlich Pflegebedürftige oder Säuglinge, sagte der Mikrobiologe Dirk Bockmühl im Dlf. Wäsche in Privathaushalten sollte regelmäßig bei 40 oder 60 Grad mit pulverförmigen Vollwaschmitteln gereinigt werden, um die Keime abzutöten.

Dirk Bockmühl im Gespräch mit Uli Blumenthal | 27.03.2018
    Waschboden in einem Privathaushalt
    "Solange Ihre Waschmaschine nicht anfängt zu riechen, können Sie auch mit den Keimen leben", so der Hygiene-Experte Dirk Bockmühl im Dlf (Imago / stock&people)
    Uli Blumenthal: Die Fakultät Life Sciences der Hochschule Rhein-Waal hat Wasch- und Spülmaschinen aus privaten Haushalten auf antibiotikaresistente Keime untersucht. Im Fokus der Untersuchung standen neben MRSA-Keimen auch von Bakterien gebildete Enzyme, sogenannte Beta-Laktamasen. Diese Enzyme sind in der Lage, verschiedene Antibiotika unwirksam zu machen. Während sie in den Haushaltsgeräten keine MRSA-Keime nachweisen konnten, waren 96 Prozent der Spülmaschinen und 79 Prozent der Waschmaschinen mit Beta-Laktamase-bildenden Mikroorganismen kontaminiert. Ich bin telefonisch verbunden mit Professor Dr. Dirk Bockmühl, Professor für Hygiene und Mikrobiologie an der Hochschule Rhein-Waal. Herr Professor Bockmühl, saubere Wäsche und sauberes Geschirr auf der einen Seite, aber andererseits die Frage, sind sie dann immer noch Keimen und Bakterien kontaminiert und können krank machen?
    Dirk Bockmühl: Ja, also grundsätzlich ist es so, dass wir aus der Waschmaschine nicht wirklich sehr gut krank werden können. Die Wahrscheinlichkeit, sich zu infizieren durch unzureichend hygienisch gesäuberte Wäsche ist erst mal sehr gering, das muss man vorwegschicken, denke ich. Es gibt natürlich Situationen, jemand in der Familie hat zum Beispiel eine Magen-Darm-Infektion oder ich habe pflegebedürftige oder sehr junge Personen im Haushalt, sprich Säuglinge, da muss man ein bisschen mehr drauf achten, weil dann besteht tatsächlich ein gewisses Infektionsrisiko.
    "Gefahr für besonders anfällige Personen"
    Blumenthal: Aber wie muss man dann diese 79 Prozent bei den Waschmaschinen einordnen, dass da diese Beta-Laktamase-bildenden Mikroorganismen gefunden wurden? Fast 80 Prozent, das ist schon ziemlich viel, oder?
    Bockmühl: Ja, in der Tat. Zunächst mal zum Hintergrund: Diese Antibiotika-resistenten Keime sind natürlich auch insbesondere eine Gefahr für besonders anfällige Personen – den Personenkreis hatte ich ja gerade schon genannt, und es war jetzt keine Überraschung für uns, dass wir diese Antibiotika-Resistenzen gefunden haben. Ein bisschen überraschend war es, in welcher prozentualen Höhe wir die gefunden, also dass wirklich fast jede Waschmaschine und jedes Hausgerät mit diesen Antibiotika-Resistenzen kontaminiert war. Wonach wir im Wesentlichen geschaut haben, waren die Resistenzgene, das heißt, wir haben sozusagen nicht nach den Verbrechern geguckt, sondern nach ihren Waffen, und die Waffen haben wir fast überall gefunden. Ob jetzt die Verbrecher wirklich anwesend waren, haben wir jetzt nur beispielhaft mal angeschaut, da müsste man aber noch mal genauer hingucken.
    Blumenthal: Ein schönes Bild, was Sie gebraucht haben, ob die Verbrecher anwesend sind. Kann es auch sein, dass die Verbrecher sich dann in der Waschmaschine immer weiter aufhalten und vermehren? Also ich hole die Wäsche raus, aber die Zahl der Bakterien, Keime und Enzyme in meiner Waschmaschine, die wird immer größer, nimmt zu.
    Bockmühl: Na ja, also wir finden – das haben wir in anderen Studien gezeigt – eigentlich die üblichen Verdächtigen, um bei meinem Beispiel mit den Verbrechern zu bleiben, das sind also Keime, die ganz normal im Wasser und in der Umwelt vorkommen. Diesen MRSA, den Sie vorhin erwähnt haben, der normalerweise auf der Haut vorkommt, haben wir explizit auch nicht gefunden, das war insofern schon mal beruhigend. Also es gibt jetzt eher nicht den Fall, dass sich irgendwelche Antibiotika-resistenten Keime von der Haut dann in der Waschmaschine ansiedeln. Es ist dann eher so, dass die, die normalerweise da sind, möglicherweise eben auch dieses Antibiotika-Resistenzen tragen.
    Vollwaschmittel, die Bleiche enthalten, benutzen
    Blumenthal: Und was kann man dagegen machen, wo kann man sozusagen drehen – am Waschmittel, an der Waschtemperatur oder an der Dauer des Waschgangs?
    Bockmühl: Wichtig ist ja für den Verbraucher, dass letztlich das Textil sauber ist, und das kann man immer noch sehr leicht erzielen, indem man schlicht und ergreifend a) höhere Temperaturen wählt. Höhere Temperaturen sind mindestens 40 Grad, besser noch 60 Grad, wenn man wirklich Personen hat, die etwas mehr Hygienebedürfnis haben. Auch bei den Waschmitteln ist es so, dass man da gewisse Waschmittel bevorzugen sollte, und das sind die pulverförmigen Vollwaschmittel. Das können auch Perlen sein oder Tabs, auf jeden Fall in fester Form, die enthalten nämlich Bleiche. Und diese Bleiche ist eigentlich das, was die Mikroorganismen auch abtötet sehr sicher. Und wenn ich das kombiniere mit den höheren Temperaturen, da kann ich ganz sicher sein, dass da auf der Wäsche hinterher auch nichts mehr ist.
    Blumenthal: Pulver, Flüssigwaschmittel oder neuerdings gibt es ja auch diese Waschkapseln, die aus drei Bestandteilen bestehen, die sich dann sukzessive auflösen. Wo sehen Sie dann den Favoriten, was die Keimbelastung anbetrifft?
    Bockmühl: Ganz klar immer noch bei den Pulverwaschmitteln. Es ist so, dass man Flüssigwaschmittel keine Bleiche einarbeiten kann, das heißt, wenn ich eine Flasche flüssiges Vollwaschmittel kaufe, ist da keine Bleiche drin. Man kann die natürlich hinzudosieren mit Spezialprodukten, die es auch gibt. Generell ist es eigentlich relativ einfach, wenn man sicher sein will, dass Bleiche drin ist: einfach hinten auf die Packung gucken, da steht's nämlich immer drauf, da steht dann drauf: Bleichmittel auf Sauerstoffbasis.
    "Regelmäßig bei höheren Temperaturen zu waschen"
    Blumenthal: Ich hab mitgebracht gerade von zu Hause Waschmaschinen-Hygienereiniger gegen unangenehme Gerüche, saubere Maschine für frische Wäsche mit Aktivfrischeformel und Aktivkohle. Also muss ich dann regelmäßig solche Mittel wieder einsetzen?
    Bockmühl: Eigentlich nicht. Was wir tatsächlich empfehlen, ist regelmäßig auch mal bei höheren Temperaturen zu waschen, einmal im Monat mindestens, vielleicht, wenn Sie wirklich ein Problem mit Gerüchen haben, auch öfter, wirklich das 60-Grad-Programm mit einem bleichehaltigen Vollwaschmittel durchlaufen lassen, denn wir sehen, seit wir immer niedrigere Temperaturen anwenden in der Waschmaschine, ist das mit den Gerüchen eigentlich mehr geworden.
    Blumenthal: Wenn ich Ihnen noch einen Blick in meinen Privathaushalt erlauben darf: Wir haben einen Toplader, lassen den eigentlich die ganze Zeit über offen stehen, haben aber dann das Problem, dass wir bei der Einspülwanne oder beim Waschmittelkasten immer schwarze Beläge haben, die wir dann mit der alten Zahnbürste entfernen, also dass eigentlich in unserer Maschine überall Schimmelpilze unterwegs sind. Was kann man dagegen machen, und ist das nicht konstruktiv bedingt und müsste eigentlich verändert werden?
    Bockmühl: Das ist in der Tat sehr schwer zu verändern, weil das einfach daher kommt, dass diese Mikroorganismen, die übrigens nicht nur Schimmelpilze sind, sondern auch Bakterien, das haben wir auch mal untersucht, vorzugsweise im Bereich dieser Einspülkammer sehr gut wachsen. Das liegt weniger an der Maschine, vielmehr auch daran, dass diese Waschmittel, die wir benutzen heutzutage, sehr gut biologisch abbaubar sind. Biologisch abbaubar heißt aber nichts anderes, als dass sie von Mikroorganismen zersetzt werden, und genau das tun die natürlich auch in einer Einspülkammer. Das heißt, was man verhindern muss, ist, dass Reste von Waschmitteln in der Einspülkammer bleiben. Was Sie machen, ist schon sehr gut, das ist eigentlich schon das, was man tun muss, und eben gucken, dass möglichst schnell auch die Feuchtigkeit da rauskommt.
    "Solange Ihre Waschmaschine nicht anfängt zu riechen, können Sie auch mit den Keimen leben"
    Blumenthal: Im Handel gibt es, wenn ich Autofahrer bin und Alkohol getrunken habe, so einen ganz preiswerten Alkoholtester. Gibt es eigentlich auch Teststreifen oder irgendeine Möglichkeit, dass ich bei meiner Waschmaschine mal einen Test mache, ob da Bakterien, Enzyme oder Keime drin sind?
    Bockmühl: Gibt es nicht, wäre aber auch nicht sinnvoll, weil es sind Keime in der Waschmaschine. Wir haben das wirklich sehr oft untersucht, und wir finden eigentlich keine Waschmaschine im Privathaushalt, wo wir keine Mikroorganismen finden. Auch bei mir zu Hause sind die. Der Punkt ist der: Man muss deswegen nicht direkt in Panik verfallen. Wir haben Keime überall um uns herum, und unser Immunsystem, wenn die dann mal wirklich zu uns durchdringen, wird damit schon fertig. Was wir eben tun müssen, ist, wenn wir besondere Probleme haben – ich hatte vorhin die Infektionskrankheiten in der Familie oder die pflegebedürftigen Personen genannt –, dann so ein bisschen mehr drauf zu achten. Ansonsten, solange Ihre Waschmaschine nicht anfängt zu riechen, können Sie auch mit den Keimen leben und brauchen sich jetzt keine übermäßigen Sorgen zu machen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.