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Militäreinsatz gegen den IS
Deutsche Tornados für Syrien?

Deutschland will sich stärker am Militäreinsatz gegen den selbsternannten "Islamischen Staat" beteiligen. Im Gespräch: Die Entsendung von Aufklärungstornados der Bundeswehr. Bundeskanzlerin Angela Merkel kam mit den zuständigen Ministern zusammen. Für den Nachmittag sind außerdem Sondersitzungen der Koalitionsfraktionen angesetzt.

26.11.2015
    Ein Tornado der Bundeswehr im Landeanflug
    Ein Tornado der Bundeswehr im Landeanflug auf den Luftwaffen-Stützpunkt in Jagel (Schleswig-Holstein) (picture alliance / dpa / Carsten Rehder)
    Deutschland werde sehr schnell auf die französische Anfrage reagieren und dem Nachbarland Beistand leisten - das hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern Abend dem französischen Präsidenten François Hollande bei einem Treffen in Paris versprochen. Jetzt wird es schnell konkret: Um 17 Uhr kommen die Fraktionen von Union und SPD zu Sondersitzungen zusammen, um darüber zu beraten, ob und wie Deutschland sich am Militäreinsatz gegen die Terrormiliz IS in Syrien beteiligen. Am Mittag beriet sich die Kanzlerin bereits mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Nach Informationen der Deutschen-Presse-Agentur nahmen an dem Treffen im Kanzleramt auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier sowie Vizekanzler Sigmar Gabriel teil.
    Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande auf der Place de la République in Paris, es ist dunkel, beide tragen Mäntel.
    Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande gestern Abend in Paris (picture-alliance / dpa / Etienne Laurent)
    Nach Angaben des verteidigungspolitischen Sprechers der CDU, Henning Otte, geht es um die Entsendung von "Tornado"-Aufklärungsflugzeugen. Im Gespräch soll außerdem der Einsatz weiterer Flugzeuge der Bundeswehr zur Betankung von Kampfjets der Anti-IS-Koalition sein. Die Bundesregierung hatte bisher die deutsche Beteiligung am Kampf gegen den IS auf den Einsatz im Irak beschränken wollen, wo deutsche Soldaten kurdische Peschmerga-Kämpfer ausbilden. Diese Haltung änderte sich nach den Terroranschlägen von Paris. Danach hatte Hollande die europäischen Partner um Hilfe gebeten und den Flugzeugträger "Charles de Gaulle" ins östliche Mittelmeer geschickt, um von dort aus IS-Stellungen zu bekämpfen. Von der Leyen hatte bereits gestern angekündigt, die Franzosen durch eine Ausweitung der Bundeswehreinsätze im Irak und im westafrikanischen Mali zu entlasten.
    Gabriel: "Wir sind den Franzosen was schuldig"
    In der Großen Koalition gibt es breite Unterstützung für das weitere Engagement. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann erklärte, Frankreich könne den Einsatz nicht alleine schultern, deswegen gehe er davon aus, dass man dem Nachbarland helfen müsse. SPD-Chef Gabriel betonte im Bundestag: "Wir sind den Franzosen etwas schuldig, und deswegen müssen wir ihnen jetzt zur Seite stehen." Dazu gebe es keine Alternative.
    Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sagte im Deutschlandfunk, er halte eine Aufklärung durch Tornado-Jets und Satelliten sowie eine Luftbetankung für denkbar. Dafür brauche man eine Mehrheit des Bundestages. Notwendig sei auch ein klarer politischer Prozess, der den militärischen unterstütze. Sein Parteikollege Karl-Georg Wellmann meinte ebenfalls im Deutschlandfunk: "Die Zeiten sind vorbei, dass wir Deutschen sagen können, wir sind fürs Geldverdienen und für Handel und Wandel zuständig, aber fürs Militärische die anderen."
    Linke warnen vor steigender Terrorgefahr
    Die Grünen stellten klare Bedingungen für eine militärische Beteiligung. Verteidigungsexperte Tobias Lindner erklärte allerdings im ZDF, wenn es ein vernünftiges Konzept sowie ein UNO-Mandat gebe und die Syrien-Gespräche in Wien vorankämen, "dann kann sich Deutschland natürlich nicht aus dem Staub machen".
    Die Linke warnte, wenn sich die Bundeswehr am Kampf gegen den IS beteilige, verstärke sich die Terrorgefahr in Deutschland. Parteichef Bernd Riexinger sagte der dpa, dass Deutschland jetzt seinerseits in diese militärische Eskalation einsteigen wolle, werde den Konflikt nicht eindämmen und die Dynamik in der Entwicklung des militanten Islamismus nicht stoppen. "Im Gegenteil, Deutschland rückt dadurch stärker in den Fokus dieser Gewalttäter."
    (jasi/dk)