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Milliardenstrafe wegen Zinsmanipulation für UBS

Mehr als eine Milliarde Euro muss die Schweizer Großbank UBS wegen Manipulationen am sogenannten Libor-Zinssatz zahlen. Doch die UBS war an diesem Täuschungsmanöver nicht allein beteiligt.

Von Michael Braun | 19.12.2012
    Die "Preise" steigen. Die britische Großbank Barclays hatte im Sommer Manipulationen am Libor eingeräumt und umgerechnet 357 Millionen Euro an Finanzbehörden mehrerer Länder gezahlt. Der Vergleich der Schweizer UBS - Geld gegen Stopp der rufschädigenden Ermittlungen - ist mit fast 1,2 Milliarden Euro gut dreimal so teuer. Axel Weber, der frühere Bundesbankpräsident und Präsident des UBS-Verwaltungsrats, ließ sich mit markigen Worten zitieren, er habe:

    "Nulltoleranz für unangemessenes und unethisches Verhalten."

    Im Rahmen des Vergleichs hatte die UBS eingestanden, "gewisse Mitarbeitende" hätten andere angewiesen, den Libor zu manipulieren, teilweise motiviert durch den Wunsch, eine negative Markt- und Medieneinschätzung der Bank während der Finanzkrise zu vermeiden. Da klingt durch, dass nicht nur einzelne Mitarbeiter aus eigenem Antrieb verfälschend gehandelt haben, sondern eben auf Anweisung. Dieter Hein, Bankanalyst von fairesearch, kann das Eingeständnis, einzelne Mitarbeiter hätten kriminell gehandelt, auch nicht mehr hören:

    "Na ja. Mit dem gesunden Menschenverstand ist das natürlich blanker Unsinn. Man muss eher vermuten, dass das System hat, dass man gewisse Gesetze und auch Lücken ausgenutzt hat – und zwar mit Wissen und Billigung zumindest der Bank - von jeder Bank."

    Dennoch: Auch die Deutsche Bank, auch sie an der Manipulation des Zinssatzes beteiligt, argumentiert so. Sie hat eingestanden, einzelne Mitarbeiter hätten so gehandelt, wie es "den Standards der Bank" nicht entspreche. Auch die Deutsche Bank hat im zweiten Quartal Rückstellungen für drohende Strafen im Libor-Skandal gebildet. In welcher Höhe, will sie nicht sagen.

    Insgesamt sieht sich mehr als ein Dutzend Banken dem Verdacht der Zinsmanipulation ausgesetzt. Außer Barclays, der UBS und der Deutschen Bank sind das etwa JP Morgan, Royal Bank of Scotland, HSBC und die Citigroup. Auch die Bank von England stand im Verdacht, an nach unten manipulierten Libor-Zinsen Interesse gehabt zu haben. Denn niedrige Zinsen signalisierten ein stabiles Bankensystem, das nicht gestützt werden musste. Manipuliert worden ist nach bisherigen Erkenntnissen nicht nur der Londoner Interbankensatz Libor, sondern auch der Euribor, das Pendant für den Euro-Raum.

    Nicht entschuldigen, aber zum Teil erklären mag die Manipulationen der Umstand, dass der Geldmarkt unter Banken kaum mehr funktioniert, der Handel wegen des gegenseitigen Misstrauens so ausgedünnt ist, dass gut begründete Marktpreise schwer zu ermitteln sind. Stefan Bongardt von Independent Research hatte schon nach der Lehman-Pleite gesehen:

    "Dass der Interbankenmarkt ja teilweise ausgetrocknet ist. Das heißt: Die Banken haben sich kein Geld mehr geliehen und dadurch im Grunde genommen nur noch Schätzungen als Libor-Zinssatz ausgegeben werden konnten."

    Im Oktober hatte ein britisches Gericht eine erste Klage gegen Barclays zugelassen. Auch in Amerika haben große Immobilienbesitzer eine Sammelklage gegen zwölf der weltgrößten Banken eingereicht. Sie argumentieren, durch die Unregelmäßigkeiten bei der Festlegung des Zinses hätten sich ihre Immobilienkredite verteuert.