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Mit Fremdsprachen gegen den Hirnstillstand

Es muss nicht immer Kreuzworträtseln sein - Hirnjogging lässt sich auf vielerlei Arten betreiben. Zum Beispiel durch das Erlernen einer Fremdsprache. Auch das bringt die kleinen grauen Zellen auf Trab. Außerdem ist es geselliger als das Ausfüllen von kleinen Kästchen.

Von Birgit Fenzel | 31.03.2006
    Es gibt viele Methoden eine Fremdsprache zu erlernen. Aber längst nicht alle davon halten, was sie versprechen. Da gab es zum Beispiel den Lateinunterricht alter Schule, bei dem man sich mittels der Grammatik-Übersetzungsmethode auf der Suche nach dem Verb mühselig durch die literarischen Klassiker buchstabieren durfte. Abgelöst wurde dieses Verfahren dann in den 50er/60er Jahren durch die audiolingualen und audiovisuellen Methoden. Dazu der Sprachforscher Professor Jörg Roche, Experte für die Theorie und Medien der Sprach- und Kulturvermittlung.

    " Die stammen sowohl aus Frankreich und Amerika und jeweils aus dem militärischen Bereich. Daraus sind dann verschiedene alternative Methoden entwickelt worden, unter anderem Superlearning und verschiedene andere, die mehr mit Beschallung und Imitation arbeiten, aber im Großen und Ganzen das Hirn ausschalten. Die haben keinen Erfolg gebracht – weder militärisch, noch sprachlich."

    Und wohl auch nicht intellektuell. Mit Hirnstillstand lernt es sich bekanntermaßen nicht gerade besonders gut. Wer ernsthaft eine Sprache lernen will, greift besser auf echte Klassiker zurück: Reisen bildet – das wusste man wahrscheinlich schon vor der Erfindung des Rades und auch nach aktuellem Forschungsstand gilt ein Aufenthalt in dem jeweiligen Land der Zielsprache als die ideale Methode des Fremdspracherwerbs.

    " Der Grund dafür ist, weil man dort die Sprache erfährt. Erfahren heißt, man lebt mit der Sprache, man handelt mit ihr, man nimmt viel reicheren Input auf."

    Doch gibt es auch Alternativen zum teuren Sprachurlaub, die ganz im Sinne der Sprachforscher auf aktives Sprachhandeln setzen. Da wäre zum Beispiel das Cambridge Institut in München. Seit 45 Jahren gehört es zu den ersten Adressen für alle, die sich für die englische Sprache interessieren –aus Begeisterung oder weil sie Diplome darin ablegen wollen oder müssen. Die Kurse erfolgen in kleiner Runde, die Leiter sind allesamt angelsächsische Muttersprachler. In dem Moment, in dem man die alte Villa an der Hildegardstraße betritt, lässt man den deutschen, bzw. hier allgegenwärtigen bayerischen Sprachraum hinter sich. Denn nicht nur in den Kursen, sondern im ganzen Haus wird nur englisch geredet. Darauf legt Geschäftsführer Philip Moore größten Wert:

    " Die kommen rein und es ist eine kleine englische Welt, weil da wird nur Englisch unterrichtet auf allen vier Stockwerken. Und das erleichtert das Lernen. Es klickt dann nach einer Weile im Unterbewusstsein."

    Wer als Anfänger ständig zwischen zwei Sprachen hin und her zappen muss, bleibt meist in einer Art Übersetzungsmodus stecken. Das führt zwangsläufig zu Problemen, sagt Moore.

    " Alle Fehler, die man in der Fremdsprache macht, stammen von der Muttersprache und solange man in der Muttersprache noch denkt, macht man die Fehler. Und wir versuchen, diese Schwelle zu überwinden, dass man in der Fremdsprache dann bleiben kann ohne zu übersetzen."

    Im Institut tauchen die Kursteilnehmer in eine englische Sprachwelt ein. Doch achtet Moore in seinen Kursen genau darauf, dass sich seine Schäfchen darin nicht einfach nur treiben lassen.

    M.: " I would say perhaps an important scottish writer. writer or author – Alice?"
    A.: " Writer."
    M.: " Why is author wrong in this context?"
    A.: " We talked about a profession."

    Mit seinen Fragen provoziert er aktives Sprachhandeln wie es im Buche steht. Denn eigentlich geht es gar nicht darum, ob Muriel Spark nun eine Schriftstellerin oder Autorin ist. Mit seinen Fragen will der Kursleiter Sprachblockaden überwinden, Hemmungen abbauen, die Leute zum Reden bringen. Und den Teilnehmern gefällt es, manche von ihnen sind schon seit Jahren bei ihm. Darunter Gerd Schöll, der auch schon woanders Sprachkurse absolviert hat. Beispielsweise am Wallstreet-Institut. Das sei auch klasse, findet er. Aber völlig anders als das Cambridge.

    " Das passiert auf einem Computerprogramm. Und dazu hat man dann noch Klassen mit den anderen Studenten und sehr viele Social Activities auch. wie zum Beispiel Bowling-Night oder Pub-Night oder im Sommer dann Biergarten-Night und das ist hervorragend."

    Dass an diesen Orten dann allerdings wieder rundum Bayerisch gesprochen wird, ist nach Expertenmeinung für den Spracherwerb völlig in Ordnung. Auch Dialekte regen das Sprachzentrum im Gehirn an, sagt Professor Jörg Roche. Und sind so gesehen besser als ihr Ruf:

    " Dialekte sind eigentlich der Einstieg in die Fremdsprachigkeit. Und dann sind Dialekte und Hochsprachen im Grunde die ersten Fremdsprachen."

    Wer also etwas für seine grauen Zellen tun möchte, braucht nicht unbedingt den teuren Sprachurlaub in der Toskana – ein Besuch bei der bayerischen oder schwäbischen Oma tut’s danach ebenso.

    Expertentipp von Jörg Roche, Professor für Linguistik an der Münchner LMU:

    " Die ideale Form des Spracherwerbs ist immer, wenn man in der Zielsprache lebt, in der Gesellschaft, in der die Zielsprache gesprochen wird, wenn man dann noch ein paar Hinweise bekommt, wie man die Sprache am besten verarbeitet, ist es noch besser und man kann sofort die Sprache ausprobieren, das heißt man kann dann sofort einkaufen gehen oder zum Bahnhof gehen oder mit Leuten sprechen und erfährt daraufhin wieder Reaktionen, sodass man testen kann, ob das, was man produziert hat auch wirklich adäquat war.

    Das Schlagwort ist wirklich Sprachhandeln – mit Sprache handeln und das kann man am besten in der Zielumgebung, aber man kann es auch durch elektronische Medien mittlerweile sehr gut simulieren: Radio, Fernsehen, Videos und das Internet. Es gibt eine Reihe von Portalen. Einfach bei irgendeiner Suchmaschine die Sprache eingeben und dann kommt man auf verschiedene Portale, die einem da weiterhelfen. "

    Oder Philip Moore, Geschäftsführer und Kursleiter vom Cambridge Institut in München:

    " Man verbindet eine Sprache auch mit einer Umgebung, einem Gesicht. Und es muss immer Gewohnheit werden. Man muss diese Übersetzungsschwelle überwinden. Und das überwindet man, indem man sagt: da ist der Philipp, der redet nur englisch. Und wenn man den Philip sieht, dann klickt das Gehirn und denkt nur Englisch."