Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


Mit Gitarren gegen Gotteskrieger

2004 haben sich sechs junge Musiker aus zwei nigerianischen Volksgruppen zusammengetan und die Gruppe Etran Finatawa gegründet. Ihr Musikstil ist der Desert Blues. Mit ihm machen sie auf die Missstände in ihrem krisengeschüttelten Heimatland aufmerksam.

Von Sandra van Edig | 04.07.2013
    Alhousseini Anivolla sitzt mit ausgestreckten Beinen auf dem bunten Teppich seines Wohnzimmers. Die langen Dreadlocks fallen ihm ins Gesicht. Er stimmt seine Gitarre.
    Alhousseini ist der Leadsänger und Gitarrist der Band Etran Finatawa aus dem Niger. Ihr neues Album "Sahara Sessions" ist Anfang Juni auf dem internationalen Markt erschienen. Er stimmt ein Lied vom neuen Album an:

    "Dieses Lied heißt "Toumast" auf meiner Sprache Tamashek heißt das "das Volk". Es ist ein Volk, sie sprechen eine Sprache, aber sie schaffen es einfach nicht, auch eine gemeinsame Vision zu entwickeln."

    Das hat seiner Meinung nach zum Konflikt im Sahel geführt. Während des Interviews sitzt Alhousseini auf dem Boden. Er hat die Gitarre zur Seite gelegt und gießt einen Tee auf:

    "Ich bin nicht der Sohn einer Sängerfamilie, aber ich bin ein Nomade und wir sind alle Dichter, wir singen, wenn wir unsere Kamele reiten über das Leben. Ich habe die Aufgabe, diese Dinge weiterzugeben. Es ist meine Pflicht, um all die Menschen darüber aufzuklären, was unsere Großeltern geleistet haben: ein Leben in Frieden, nicht wie jetzt!"

    Im Sahel herrscht Krieg. Seit Januar 2013 bekämpft die französische Armee gemeinsam mit afrikanischen Soldaten im Nachbarland Mali die selbsternannten Gotteskrieger. Auf Niger hat das direkte Auswirkungen. Im Mai hat sich ein Selbstmordattentäter in die Luft gejagt und 34 Menschen mit in den Tod genommen. Alhousseini war zu der Zeit auf Tournee in Südafrika und Grossbritannien.

    "Als ich wiederkam, habe ich mein Land gar nicht mehr wiedererkannt. Überall Stacheldraht, Militär. Kein Leben. Das schockiert mich. Wir leben hier wie im Gefängnis. Viele Strassen sind abgesperrt. Du fühlst dich wie ein Krimineller, der zum Gericht geführt wird-mit Eskorte!"

    Alhousseini legt all seine Enttäuschung und seinen Ärger in die Musik:

    "Meine Waffe ist meine Gitarre. Ich will darüber sprechen, ich nehme Lieder auf, ich spreche mit den Leuten. Wir sollten uns heute nicht mit Waffen bekämpfen, nein wir führen den Krieg mit unserer Sprache. Wir leben ja schließlich in einer Demokratie!"

    Lieder wie Amataf Germanawen vom neuen Album sind ein Aufschrei. Denn mit dem Krieg und er Gewalt drohen auch die reichen Kulturen der Nomaden zu verschwinde