Donnerstag, 18. April 2024

Archiv


Mit heißer Nadel zum Erfolg

Ultraschall - das ist längst mehr als nur ein Instrument zur Diagnose. Eine wichtige Rolle spielt er nicht nur bei der Untersuchung von Schwangeren, sondern neuerdings auch in der Krebstherapie.

Von Wolfgang Noelke | 01.06.2010
    Ultraschalltechnik wandelte sich längst vom reinen diagnostischen Einsatz hin zur aktiven Therapie. Mit Ultraschall ist man heute in der Lage, gleichzeitig zu messen und zu behandeln. Mit Ultraschall gemessen wird beispielsweise der Standort einer Sonde, die bis zu einem Krebsgeschwür geführt wird. Dort wird sie mittels elektromagnetischer Hochfrequenz erhitzt, auf Temperaturen um die 70 Grad Celsius. Die Wärme, an der Spitze der Sonde überleben Tumorzellen nicht.

    Diese minimalinvasive Operation, bei der die Hitzesonde direkt über die Blutgefäße zum Tumor geführt wird und diesen innerlich 'verkocht', sei mit Ultraschall wesentlich besser kontrollierbar, als mit Röntgenstrahlung, sagt Dr. Axel Stang, Chefarzt an der Asklepios Klinik Barmbeck:

    "Weil es eine Echtzeitkontrolle erlaubt für die Navigation der Nadel, weil aber sie auch während des Eingriffs, erlaubt der Ultraschall, sich selbst zu kontrollieren. Denn an der Spitze der Sonde, während sich die Hitze entwickelt, bilden sich so kleine Gasbläschen, und Luft kann man im Ultraschall – oder Gas, sehr gut erkennen. Es wird sozusagen im Bild hell."

    Und das nur in lebenden Gefäßen. Dort sieht man die Gasbläschen des Kontrastmittels und – in welche Richtung sie fließen. Sind die Zellen verkocht, ist nichts mehr zu sehen, sagt Dr. Stang:

    "Diese Möglichkeit bietet nur Ultraschall. Das hat für den Patienten während des Eingriffs den Vorteil, dass Sie, wenn Sie es abgeschlossen haben relativ sicher sein können, dass der Tumor vollständig zerstört ist."

    Denn nur dort, im toten Gewebe fließt kein Blut und kein Kontrastmittel. Zwar bestünde die Gefahr, dass sich im toten Gewebe Keime ansiedeln, doch dies könne man mit relativ einfachen Mitteln verhindern. Je nach Tiefe im Körper könne man heute im ungünstigsten Fall Tumore in einer Größe von zweieinhalb Zentimeter erkennen und behandeln. Vor zwei Jahren hätte ein Tumor noch doppelt so groß sein müssen, um ihn per Ultraschall zu erkennen. Ein modernes Ultraschallgerät ersetze in vielen Fällen die wesentlich aufwendigere und schwere Computertomografie.
    Sehr weit entwickelt sei inzwischen eine Krebstherapie mittels fokussierten Ultraschalls. Auch hier wird der Tumor erhitzt, weil man ihn gleichzeitig aus verschiedenen Richtungen mit scharf gebündelten Ultraschallwellen bestrahlt. Die Hitze entsteht erst am Schnittpunkt der Ultraschallwellen. Dort schmilzt der Tumor ganz ohne chirurgische Schnitte. Allerdings bislang nur in Asien, wo das Gerät bereits zugelassen ist, sagt Professor Klaus Schlottmann vom Katharinen-Hospital Unna und Leiter des DEGUM- Arbeitskreises "Interventionelle Sonografie". Die Ultraschall- Leistung sei zwar hunderttausendmal stärker als die, der diagnostischen Sonographie, aber innerhalb des menschlichen Körpers gefahrlos, nur nicht für den Tumor:

    "Bei diesem Verfahren ist das so, dass der Patient auf einen Therapietisch gelegt wird. In diesem Therapietisch ist eine Aussparung. Unterhalb dieser Aussparung sind viele Schallköpfe, die fokussiert werden, wie Linsen."

    Und ähnlich, wie bei vielen Linsen, treffen sich alle 'Brennpunkte' des abgestrahlten Schalls erst im ausgewählten Tumor und erzeugen dort eine, etwa hunderttausendmal stärkere Energie, als der Kopf eines diagnostischen Ultraschallgerätes. Und wie bei einer Lupe, ist die Energie in der Nähe der Schallköpfe, also außerhalb der Brennpunkte relativ schwach.

    Durch den Einsatz mehrerer solcher Schallköpfe wird die Energie auf der Haut verteilt. Aber wenn die sich alle an der einen Stelle im Körper treffen, dann ist dort natürlich eine enorme Energieapplikation.

    Tumorflächen von 15 mal drei Millimeter kann man nacheinander erhitzen. Die abgetöteten Zellen bleiben in der Tumor-Kapsel und werden – so zeigen es Ultraschallaufnahmen aus Fernost – im Laufe der Zeit auf natürlichem Wege abgebaut.