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Mit Kindern lesen lernen

Lesehelferin Gisela Naupold liest mit Kindern einer Bremer Grundschule Kinderbuchklassiker. Sie teilt ihre Weihnachtswunschpakete auf. So wünscht sie sich von den Eltern zum Beispiel ungeteilte Aufmerksamkeit für die Kinder.

Von Christina Selzer | 24.12.2011
    Ein Leseraum in einer Grundschule im Osten Bremens. Lesehelferin Gisela Naupold liest mit Diana und Vanessa einige Seiten aus dem Kinderbuchklassiker "Lippels Traum". Die beiden Mädchen gehen in die vierte Klasse und kommen einmal in der Woche ganz freiwillig und kommen, wie Vanessa versichert, sehr gerne zur "Lesezeit":

    "Besser lesen zu lernen, finde ich gut. Und dass die Frau Naupold das umsonst macht."

    Die Lesezeit ist ein Projekt der Freiwilligenagentur Bremen, in dem sich an Bremer Schulen mehr als 300 ehrenamtliche Helfer engagieren. Wenn Gisela Naupold zu Weihnachten ein Bildungspaket schnüren soll, dann hat sie sofort eine Idee, wer das erste bekommen soll:

    "Ein Paket würde ich an die Eltern verschicken mit meinen Wünschen an die Eltern. Ich würde mir wünschen, dass die Eltern mehr bewusste Zeit mit den Kindern verbringen, ohne dass sie das Handy parat haben, ohne dass der Fernseher im Hintergrund läuft. Dass sie sich für die schulischen Leistungen und Erlebnisse ihrer Kinder interessieren."

    Denn oft hat Gisela Naupold den Eindruck, dass die Kinder zuhause kaum Anregungen bekommen. Dass sie zwar zuhause ihre Playstation haben, aber niemanden, der mit ihnen zusammen Geschichten liest oder Spiele spielt.

    "Dass wir mit den Kindern lesen, ist der eine Aspekt. Viel wichtiger ist, dass wir Lesehelfer die ungeteilte Aufmerksamkeit geben. Es gibt keine Ablenkung, das heißt, die Kinder haben Raum. Das ist etwas, was den Kindern Selbstbewusstsein gibt."

    Wenn Kinder im Elternhaus nicht genügend unterstützt werden, kommen die Lesehelfer ins Spiel. Bundesweit helfen Bildungspaten, Lesehelfer oder Schulpaten den Kindern dabei, gut durch die Schulzeit zu kommen. Und es wäre schön, sagt Gisela Naupold, wenn die Politiker das auch zu schätzen wüssten. Weihnachtspaket Nummer zwei:

    "Den Politikern würde ich auch gerne ein Paket schicken. Zum einen wünsche ich mit, dass Politiker uns ernster nehmen. Bürgerschaftliches Engagement hat sich gewandelt. Ich hab früher gedacht, warum tut niemand was, bei den Pisa-Ergebnissen. Ich sehe aber auch, dass Schule alleine das nicht kann."

    Und weil Bildung ihrer Ansicht nach die Aufgabe der gesamten Gesellschaft ist, hat sie noch weitere Adressaten auf ihrer Liste für Bildungspäckchen.

    "Ich packe auch Pakete an die vielen Bürger, die Verantwortung übernehmen möchten. Und möchte sie bestärken, sich zu engagieren.
    Und ich schicke alle denen ein Paket, die immer nur jammern. Das muss auch mal sein. Aber dieses Jammern verbraucht so viel Energie, die können wir auch positiv nutzen."

    Für den Schluss hat sie sich ein Bildungspaket aufgehoben, das ihr am meisten am Herzen liegt, weil die, die es bekommen sollen, so selten gelobt werden.

    "Das Paket, das ich den Lehren schnüre, ist ein Paket ohne Forderungen. Ich wünsche mir etwas für die Lehrer. Dass die Arbeit, die sie tagtäglich leisten, die Anerkennung findet, die sie verdient. Jeder, der nichts mit Schule zu tun hat, wollte sich vorstellen, einen Kindergeburtstag durchzuführen. Das machen Lehrer tagtäglich und dazu kommen die Elterngespräche. Und was ich bewundere, man sieht, dass sie ihre Kinder lieben. Sie geben sich unheimlich viel Mühe. Und auch die Kinder lieben ihre Lehrerin. Wenn ich in eine Klasse komme und die Klassenlehrerin ist krank, dann sind die Kinder anders als sonst, nämlich völlig durcheinander."