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Mit Nano-Salben gegen Hautkrankheiten

Medizin.- Viele Hautkrankheiten basieren auf der Fehlsteuerung bestimmter Gene. Deren Aktivität ließe sich theoretisch mit einer Gentherapie unterbinden. Allerdings: Wie bekommt man die Gen-blockierenden Wirkstoffe in die Hautzellen hinein? US-Forscher haben jetzt ein Verfahren entwickelt, das erstaunlich einfach funktioniert.

Von Lucian Haas | 31.07.2012
    Die intakte menschliche Haut ist eine extrem wirksame Barriere. Sie ist wasserdicht, hält Bakterien und andere Krankheitserreger fern und lässt auch chemische Stoffe kaum passieren.

    "Normalerweise lässt die Haut kein genetisches Material durch ihre äußersten Schichten hindurch. Unsere speziellen Nanopartikel können aber in die Hautzellen eindringen und dort wie gewünscht aktiv werden, indem sie gezielt einzelne Gene ausschalten."

    Amy Paller von der Northwestern University im US-Bundesstaat Illinois. Die Dermatologin erforscht Wege, um die Aktivität von krankmachenden Genen in den Hautzellen zu regulieren. Möglich ist das mit der sogenannten RNA-Interferenz. Die Technik basiert auf kurzen Strängen von Ribonukleinsäure, siRNA genannt. Sie verhindern, dass die Zellen Informationen bestimmter Gene für die Produktion von Proteinen verwenden können.

    Der Chemiker Chad Mirkin, ebenfalls von der Northwestern University, entwickelte ein Verfahren, mit dem Nanopartikel aus Gold rundum mit siRNA beschichtet werden können. In dieser Form gelangen sie problemlos in die Hautzellen hinein.

    "Wir nehmen an, dass die beschichteten Nanopartikel an bestimmte Proteine an der Oberfläche der Zelle binden. Wir konnten im Elektronenmikroskop verfolgen, wie die Partikel in die Zelle gelangen, dort freigesetzt werden und gezielt die Aktivität der Gene unterbinden, sodass keine funktionsfähigen Proteine mehr entstehen."

    Nach und nach werden die Nanopartikel von den Zellen wieder ausgestoßen. Versuche mit Mäusen zeigten, dass zehn Tage nach dem Eincremen mit der Nano-Salbe noch zehn Prozent der ursprünglichen Wirkstoffmenge in der Haut nachzuweisen ist. Nur sehr wenige Nanopartikel dringen tiefer in den Körper vor. Bisher fand Amy Paller keine Anzeichen dafür, dass sich die Nanopartikel in anderen Organen anreichern.

    "Allerdings haben wir das bisher nur an Mäusen für jeweils einen Monat mit allen Sicherheitstests angewendet. Wir müssen das noch viel genauer untersuchen. Mit Versuchen an Menschen geht es erst dann weiter, wenn unsere aktuellen Studien erfolgreich abgeschlossen sind."

    Nach Angaben der Forscher zeigten bisher alle Tests positive Ergebnisse. Die Nanopartikel riefen keine unerwünschten Nebenwirkungen wie Entzündungsprozesse in den Zellen hervor. Zudem wirkten sie tatsächlich nur lokal und sehr spezifisch. Entsprechend große Hoffnungen setzt Amy Paller in diese Form der Gentherapie bei Hautkrankheiten.

    "Gene spielen bei so gut wie jeder Hautkrankheit eine Rolle. Wir glauben deshalb, dass wir solche Gentherapien auch für alle Hautkrankheiten einsetzen können. Natürlich muss für jedes Gen eine eigene Nano-Salbe entwickelt werden. Aber das Verfahren könnte zu einer Art Wunderbehandlung für Hautkrankheiten werden."

    Derzeit testet Amy Paller an Mäusen spezifische Nano-Salben zur Behandlung von Schuppenflechte, von Hautkrebs wie dem Plattenepithelkarzinom und von chronischen Wunden bei Diabetes. Bis die ersten gentherapeutischen Cremes für den menschlichen Gebrauch auf den Markt kommen könnten, werden freilich noch einige Jahre vergehen. Bis dahin müssen nicht nur die nötigen klinischen Versuche erfolgreich verlaufen. Die Forscher müssen auch noch ein anderes Problem in den Griff kriegen.

    "siRNA wird sehr schnell abgebaut. Eine der Herausforderungen für den praktischen Einsatz wird sein, die Stabilität des genetischen Materials zu erreichen – und zwar in der Salbe oder Creme, die wir auf die Haut auftragen."

    Wie bei jedem anderen Medikament, sollte ja auch für die Nano-Salben eine gewisse Haltbarkeit garantiert werden können. Sonst wäre es mit der Wunderwirkung der Therapie in der Praxis schnell vorbei.