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Mit Schwung in eine saubere Zukunft

Technik. - Strom lässt sich schnell und einfach produzieren, doch er ist ein allzu flüchtiges Gut, das sich nur unter Verlust speichern lässt. Wie neue Konzepte und Technologien die Effizienz der Stromspeicher verbessern, erörterten Ingenieure auf einer Konferenz in Bonn.

Von Mathias Schulenburg | 29.01.2008
    Die Kapazität eines elektrischen Akkumulators wird naturgemäß auch durch sein Volumen begrenzt. Die Grenze lässt sich umgehen, wenn die elektrische Energie nicht in festen Strukturen steckt, sondern in Flüssigkeiten, die sich in Tanks außerhalb der Batterie lagern lassen, wie bei der so genannten "Redox-Flow-Batterie". Martha Schreiber ist als Geschäftsführerin der Funktionswerkstoffe Forschungs- & Entwicklungs-GmbH in Eisenstadt, Österreich, mit der Entwicklung solcher Redox-Flow-Batterien befasst. Deren Funktionsprinzip sei ganz einfach:

    "Wir haben einen Energieträger, das sind zwei Flüssigkeiten, diese Flüssigkeiten werden durch eine elektrochemische Zelle, die in zwei Teile unterteilt ist, gepumpt. Diese Zelle enthält in der Mitte eine Ionen leitende Membran, die diese zwei Zellen voneinander physisch trennt, und die Flüssigkeit wird durch diese Halbzellen durchgepumpt. Auf die Art und Weise erhalten wir eine Spannungsdifferenz, und es fließt ein Strom, wenn eine Last an den elektrischen Kreislauf gehängt wird."

    Die energetisch erschöpften Flüssigkeiten lassen sich wieder "aufladen":

    "Wenn Strom in das Aggregat geschickt wird, dann wird die elektrische Energie in chemische Energie umgewandelt, entsprechend einer Reaktionsgleichung. In unserem Fall haben wir eine reine Vanadium-Redoxbatterie, also es ist Vanadium an beiden Seiten, in dem einen Fall hat es die Wertigkeit zwei und drei und in dem anderen Fall die Wertigkeiten vier und fünf."

    Die Wertigkeiten bezeichnen die Zahl der Elektronen, die das Vanadium, ein gar nicht seltenes Metall, in seiner chemischen Verbindung abgegeben hat; die Unterschiedlichkeit der Zahlen in zwei Flüssigkeiten ist die Quelle der elektrischen Spannung in einem elektrochemische Reaktor, eben der Redox-Flow-Batterie. Die ist auch deshalb attraktiv, weil sie sich leicht skalieren lässt:

    "Man kann beliebig, auch an bestehenden Anlagen, Leistung dazufügen oder auch Energie dazufügen. Beim Energiedazufügen ist das einfach eine Vergrößerung der Tankvolumina, also es wird mehr Flüssigkeit eingefüllt, bei der Leistung sind es zusätzliche Leistungsmodule."

    In Irland wird mit solchen Speichern Windenergie gegen Flauten gesichert. Derzeit erleben auch alte Konzepte wie Schwungradspeicher eine Renaissance. Ursache ist nicht nur der wachsende Zwang, Energie einzusparen, sondern auch die Verfügbarkeit neuer Techniken. Das von Frans Thoolen vom niederländischen Center for Concepts in Mechatronics, ccm in Nuenen, vorgestellte, mit einem Elektromotor, Generator betriebene Schwungradmodul etwa hat keramische Kugellager aus Siliziumnitrid, hoch effektive Magnetwerkstoffe, eine ausgefeilte Leistungselektronik und eine Schwungmasse aus hochfesten Kohlefasern. Frans Thoolen:

    "Wenn man vier Bierkästen hinstellt, dann ist das ungefähr die Größenordnung, wo es reinpasst."

    Das Teil ist unter anderem dazu gedacht, einen Straßenbahnzug über Stromversorgungslücken hinweg zu helfen. Das Schwungrad dreht mit bis zu 360 Umdrehungen pro Sekunde, die dabei auftretenden Kräfte sind riesig:

    "Ja, um da einen Eindruck zu geben, das ist eine Zentrifugalbeschleunigung über 200.000 G, das heißt, ein Gramm am Umfang wiegt dann mehr als 200 kg."

    Ein weiteres Einsatzgebiet: Die Wiedergewinnung der Energie, die ein Ladekran beim Heben in seine Last steckt und die beim Absenken bisher nutzlos verbraten wurde:

    "Da werden jede Minute 30 Tonnen ungefähr 30 Meter hoch gezogen und wieder niedergelassen, und da sind ganz große Leistungen nötig beim Anheben, und beim Abfahren der Last wird diese Leistung in einem Widerstand vernichtet. Wenn man das zurückführt in ein Schwungrad kann man sich vorstellen, dass man dann große Energieeinsparungen bekommt und die sind über 50 Prozent in diesem Fall."