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Mit Sport gegen Atemnot

Einkaufen, ankleiden, lachen: all das kann bei Menschen mit kranken Lungenwegen äußerst schwierig werden. Um die Lebensqualität lange zu erhalten, muss der Körper trainiert werden. Eine Möglichkeit sind Sportgruppen - speziell für Bronchitispatienten.

Von Barbara Weber | 10.07.2012
    "Gut, dann fangen wir an. Schulterkreisen. Gemütlich nach hinten kreisen. Lassen Sie ruhig die Arme hängen."

    Ründeroth im Bergischen Land. In der Praxis der Physiotherapeuten Hesslenberg & Kinsky sitzt eine kleine Gruppe Patienten im Kreis. Die Physiotherapeutin Ulrike Kinsky erklärt die Übungen.

    "Jetzt setzen wir uns gerade hin und tun den Kopf nach oben. Arme baumeln lassen. Bleiben Sie so aufrecht sitzen und kreisen noch mal mit den Schultern. Schön gemütlich, langsam. Es geht nicht um Geschwindigkeit, sondern darum, dass die Schultern kreisen, und zwar nach hinten. Wenn das anstrengend wird, benutzen wir die Lippenbremse."

    Einige formen die Lippen zu einem kleinen Ventil, um die Luft kontrolliert entweichen zu lassen. So kann ein Hustenreiz unterdrückt werden. Margit Binder ist eine der Teilnehmer. Sie hat auf Anregung eines Arztes gemeinsam mit Ulrike Kinsky die Sportgruppe aufgebaut.

    "Mit 43 Jahren fing ich an, Luftnot zu haben, und da habe ich mir gedacht, gut, das kommt von der Erkältung, vom Asthma, oder irgendwas haste. Und dann ging die Luftnot los. Und deswegen bin ich auch zum Arzt, zu gucken, was das ist."

    Mit der Diagnose ihrer Erkrankung konnte sie zunächst wenig anfangen:

    "Ich bin Alpha-P-1 krank. Das zieht auch COPD mit sich. Das ist eine Lungenerkrankung. Ich hab' einen Genfehler von Geburt an."

    Die Lebenserwartung ist nicht hoch mit dieser Erkrankung, sagte ihr der Arzt. Aber mit Sport könne sie gegensteuern. So entstand die Lungensportgruppe.

    "Und dann greifen Sie mal nach oben, weit nach oben und stellen Sie sich vor, ob die Apfelbäume schon Früchte haben. Im Herbst müssen wir ran. Jeder hat seinen Rhythmus. Und Pause."

    Teilnehmer: "Das ist das schönste Wort, was es hier bei uns gibt: Pause."

    Die Stimmung ist gut, auch wenn der ein oder andere zur Sauerstoffflasche greift. Das Ziel des Trainings ist die Dehnung von Gewebe, die Wirbelgelenke und die Wirbelsäule sollen beweglich bleiben, die Muskulatur gestärkt werden. Der Erfolg des Trainings macht sich schon bald bemerkbar.

    "Normalalphas sind 60, 65 höchstens. Und ich hab' mein Alter schon überschritten, also mach' ich weiter so, es geht mir gut so. Ich hab' mir eine Liste angeschafft, was ich früher gemacht hab' und was ich heute wieder kann. Ich freue mich, ich kann wieder einkaufen gehen. Ich kann wieder lachen. Das konnte ich vorher nicht, wenn ich dann gelacht habe oder lachen wollte, kriegte ich einen Anfall, kriegte ich keine Luft mehr. Einfach Mensch sein, einfach leben, das kann ich jetzt super gut."

    Eine Empfehlung will Margit Binder noch unbedingt weitergeben:

    "Sofort aufhören zu rauchen. Das ist Mord am eigenen Körper. Nur wer betroffen ist, kann sagen, wie es ist. Einer, der keine Lungenprobleme hat, der weiß von nichts. Aber wir sagen, aufhören zu rauchen."