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Mo Salah
Ägypten feiert den Star der Champions League

Er ist der Star des ägyptischen Fußballs – Mohammed Salah, gerufen Mo Salah vom FC Liverpool. In Kairo ist er überall: auf T-Shirts und Unterhosen, auf zahlreichen Werbetafeln am Straßenrand und im Stau auf Stoßstangen und Sonnenblenden. Mo Salah überstrahlt in Ägypten einfach alles.

Von Anna Osius | 27.05.2018
    Champions League-Halbfinale: FC Liverpool - AS Rom. Mohamed Salah (M) vom FC Liverpool jubelt mit seinen Teamkollegen über seinen Treffer zum 1:0.
    Champions League-Halbfinale: FC Liverpool - AS Rom. Mohamed Salah (M) vom FC Liverpool jubelt mit seinen Teamkollegen über seinen Treffer zum 1:0. (dpa-Bildfunk / AP / Rui Vieira)
    "Mohammed Salah ist ein Vorbild für alle Ägypter", schwärmt eine junge Frau auf dem Basar. Er ist überall im Land beliebt - Mo Salah, wie man ihn in Großbritannien nennt, ist ein Vorbild sowohl für alle Ägypter – und auch für die Engländer.
    Auf dem Basar in Kairo gibt es Devotionalien an jedem Stand: Batteriebetriebene Salah-Spielzeugfiguren aus Plastik, Kuschelkissen mit schmachtenden Salah-Augen für weibliche Fans, Sammelbildchen für Kinder. Ein Friseur rasiert den Männern das Konterfei von Mo Salah auf den Hinterkopf. Und die Laternenhändler im Ramadan haben im diesjährigen Fastenmonat quasi nur noch ein Motiv
    "Die meistverkaufte Ramadan-Laterne in diesem Jahr ist die mit einem Salah-Bild", erzählt ein Händler. "Die kaufen wirklich alle!"
    "Alle meine Freunde leben in diesem Dorf"
    "Salah ist eine Sensation geworden in Ägypten", sagt der ägyptische Soziologe Amro Ali. "Es geht nicht nur um Fußball, sondern um Salahs Verhalten. Als ein ägyptischer Milliardär ihm eine Villa schenken wollte, hat er Berichten zufolge abgelehnt und gesagt: spende das Geld für wohltätige Zwecke. Damit steht Salah im Gegensatz zu allen korrupten Betrügern, die es in diesem Land und überall auf der Welt gibt. Salah hat eine Vorbildfunktion für alle Ägypter – er zeigt ein alternatives Lebensmodell."
    In seinem Heimatdorf im Nildelta, rund 120 Kilometer nördlich von Kairo, kennt jeder den berühmtesten Sohn des Dorfes. Denn der Weltklassespieler, der als junger Mann von Talentscouts entdeckt wurde, zeigt nach wie vor eine große Verbundenheit mit seiner Heimat
    Salah sagt selbst: "Alle meine Freunde leben in diesem Dorf, das sind Freunde seit meiner Kindheit. Meine Schulzeit verbrachte ich mit ihnen, bevor ich Fußballspieler wurde, waren wir zusammen. Das sind die Menschen, die mir am nächsten stehen."
    "Er hat seine Bescheidenheit behalten"
    Mit zahlreichen Wohltätigkeitsaktionen soll Mohammed Salah bereits das Dorf und Sozialprojekte in Ägypten unterstützt haben. Vor dem Haus seiner Familie bilden sich oft lange Schlangen von Bedürftigen – arme Menschen, die auf eine Spende hoffen.
    "Die beste Eigenschaft von Salah ist, dass er ein sehr bescheidener und aufrichtiger Mensch ist", schwärmt ein Nachbar. "Er ist hier auf dieser Straße aufgewachsen. Bevor er so berühmt wurde, spielte er hier Fußball mit seinen Altersgenossen auf der Straße. Wir freuen uns für ihn."
    Und ein anderer Dorfbewohner ergänzt: "Das Rampenlicht hat ihn nicht verändert. Das merkt man, wenn er uns im Dorf besucht. Er betet mit uns in der Dorfmoschee und nimmt an den Ramadanfeierlichkeiten im Dorf teil. Egal wie groß er geworden ist, er hat seine Bescheidenheit behalten."
    "Gutes Bild von Ägyptern"
    Selbst britische Hardcore Liverpool-Fans, die normalerweise nicht für ihre Ausländerbegeisterung bekannt sind, grölen angesichts der Torrekorde von Mo Salah: "Wenn du weiter Tore schießt, werde ich auch ein Muslim und will in einer Moschee sitzen".
    Gesänge, die diese Ägypterin freuen – denn sie sieht in Mohammed Salah einen Botschafter der arabischen Welt: "Ich bin kein Fußballfan. Aber ich bin trotzdem stolz auf Salah. Denn er vermittelt ein gutes Bild über uns Ägypter, ein gutes Bild über die ganze arabische Welt und den Islam."
    "Mohammed Salah ist über Nacht unbeabsichtigt die Führungsfigur für ein besseres Ägypten geworden", sagt der Soziologe Amro Ali. "Er hat alles in Bewegung gebracht – und bringt die Leute dazu, andere Fragen zu stellen. Wenn er in einer Anti-Drogen-Werbung-auftaucht, steigt die Zahl der Anrufer bei der entsprechenden Hotline um 400 Prozent. Ich hoffe, er behält seine Rolle noch lange."
    Übrigens: Bei der ägyptischen Präsidentschaftswahl vor rund zwei Monaten waren auffällig viele Stimmen ungültig: rund eine Million Ägypter, hieß es in Berichten, strichen die Namen des Präsidenten und seines Herausforderer durch und schrieben ihren Wunschkandidaten auf den Stimmzettel: "Mohammed Salah for president".